Neckar-Bergstraße. Die Nominierung der Grünen brachte keine Überraschungen: Fadime Tuncer wurde erneut aufgestellt, und dies in einer für grüne Verhältnisse sensationellen Geschlossenheit. Fast 97 Prozent – ein riesiger Vertrauensbeweis. Vor allem, wenn man ihn mit den mageren 75 Prozent vergleicht, mit denen sich ihr CDU-Kontrahent Bastian Schneider zufriedengeben musste.
Einen Wermutstropfen bildet ausgerechnet ihr Heimat-Ortsverband Schriesheim. Die stärkste Hochburg der Grünen im Beritt war bei der Nominierung schwach vertreten. Manch prominenter Schriesheimer Grüner befand sich auf einem zeitgleich angesetzten eigenen Karaoke-Abend in Altenbach, dem Wirkungsfeld des Schriesheimer Grünen-Fraktionschefs Christian Wolf. Ein Schelm, der Arges denkt. Doch jeder weiß, dass das Verhältnis zwischen Tuncer und Wolf mit dem Wort „angespannt“ noch freundlich beschrieben ist.
Nominierung ist Erfolg einer starken Präsenz
Tuncers Nominierungserfolg ist hart erarbeitet. Nach dem Tode von Uli Sckerl, einem Urgestein der Grünen mit Ansehen weit über seine Partei hinaus, musste sie von einem Tag auf den anderen in große Fußstapfen treten. Doch in den drei Jahren seither hat sie sich etabliert, sowohl im Landtag als auch in der Region.
Wer ihren Whatsapp-Status verfolgt – und als Medien kommen wir in diesen Genuss -, kann sehen, was sie so macht, wo überall sie präsent ist. Und dies nicht nur bei den einschlägigen „grünen“ Anlässen, sondern auch dort, wo es für die Habeck-Partei gerade während der Ampel so richtig weh tat: bei Gewerbeschauen und Vereinsjubiläen, Weinfesten und Kerwen.
Zweikampf zwischen CDU und Grünen um das Direktmandat
2026 werden die Karten im Wahlkreis neu gemischt. Anders als bei der Bundestagswahl ist diesmal auf jeden Fall „drin“, wer das Direktmandat holt. Man muss kein Prophet sein, dass dieses Rennen zwischen CDU und Grünen entschieden wird. Die SPD, so engagiert ihr Abgeordneter Sebastian Cuny auch ist, hat dabei wohl eher wenig Karten im Spiel.
Ein Unsicherheitsfaktor ist die AfD. Dafür stand zufällig gerade der Ort der Nominierung: Bei der Bundestagswahl hat Heddesheim mit 20 Prozent für die AfD die Stadt Schriesheim als rechte Hochburg im Wahlkreis klar abgelöst. Mit Personen von Meuthen bis Weidel ist Baden-Württemberg gar ein Stammland der AfD.
Der CDU-Kandidat vor Ort, Bastian Schneider, ist außerhalb seiner Partei zwar unbekannt, schwebt aber auf der Euphorie des regionalen Erfolges bei der Bundestagswahl, die der Union in den Landtagswahlkreis-Gemeinden 35 Prozent bescherte. Doch die Zuneigung der Wähler ist ein scheues Reh. Würde heute gewählt, sähe es für die CDU schon ganz anders aus als vor einem Monat. Was in einem Jahr ist, weiß erst recht kein Mensch.
Aber Tuncer ist Realistin. Entscheidend ist, welchen Listenplatz sie erhält. Denn auch das ist ein Unterschied zur Bundestagswahl: Diesmal greifen die Landeslisten, ist der Platz, auf dem man steht, zentral. Doch jene Grünen, die (noch) Regierungsmitglieder sind, werden nicht ohne Weiteres für einfache Abgeordnete zurückstecken. Denn womöglich wird das Abgeordnetenmandat das Einzige sein, das ihnen nach dem 8. März 2026 bleibt. Tuncers jetziger Erfolg ist also erst ein Etappensieg.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Fadime Tuncers Nominierung - erst ein Etappensieg
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