Welch weiches Herz US-Präsident Donald Trump doch hat! Er will Deutschland von der Abhängigkeit vom billigen russischen Erdgas befreien und bietet zum Ausgleich teures amerikanisches Flüssiggas an. Doch die undankbaren Berliner Politiker lehnen den Deal ab und denunzieren die Androhung von Sanktionen gegen europäische Unternehmen als „feindlichen Akt“ wie im „Wilden Westen“.
Der Showdown an der Ostsee mag zu ernst sein für Ironie. Aber es ist schon unverfroren, wie Trump sein Erpressungsmanöver mit angeblichen edlen Zielen kaschiert. Derselbe Mann, der einst mit dem Nato-Austritt drohte – und damit Europas Sicherheit aufs Spiel gesetzt hätte –, sorgt sich nun um dessen Wohl. Wahrlich ein Witz.
Noch hat Trump das Gesetz nicht unterzeichnet, es ist aber in der Pipeline. Damit beginnt ein Wettlauf mit der Zeit. 2100 Kilometer Rohre wurden schon verlegt, 300 Kilometer fehlen für das ehrgeizige Nord-Stream-2-Projekt. Spätestens jetzt dürfte es auch Kanzlerin Angela Merkel dämmern, wie falsch sie mit ihrer Meinung liegt, dass der Bau der Ostsee-Pipeline eine rein wirtschaftliche Entscheidung war.
In Nord Stream 2 steckt ganz viel Politik – und Streit. Dass Deutschland und Russland bei diesem Projekt so eng zusammenarbeiten, stört nicht nur die Politiker in Washington. Es weckt auch im Baltikum und in Polen ungute historische Erinnerungen. Und dann geht es auch noch um viel Geld. Die Transitländer verdienen am Gasgeschäft mit. Wie die Ukraine, in der ein von Russland angezettelter Bürgerkrieg herrscht. Sie muss damit rechnen, dass Kremlchef Wladimir Putin noch rücksichtsloser auftreten kann, wenn neue Pipelines woanders gebaut werden.
Deutschland spielt bei Nord Stream 2 daher eine unrühmliche Rolle. Merkel & Co. stärken ein Land, das unliebsamen Nachbarn in der Vergangenheit den Gashahn zugedreht hat. Wenn es sein muss, setzt Putin diesen Hebel politisch ein. Trump würde es übrigens genauso machen.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar zu den US-Sanktionen Erpresser Donald Trump
Walter Serif über die neue Androhung von US-Sanktionen