Die Bilder gingen um die Welt: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der mit Kanzler Olaf Scholz und Italiens Regierungschef Mario Draghi im Zug nach Kiew saß und dann den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj umarmte. Der Zeitpunkt des Besuchs kurz vor der entscheidenden Runde der Parlamentswahlen war nicht nur ein Zeichen der Solidarität mit der Ukraine. Er war auch eine Botschaft an die Franzosen, ihn – den Staatsmann in wichtiger Mission – mit einer klaren Mehrheit im Parlament zu unterstützen.
Die Franzosen erhörten ihn nicht. Die Enttäuschung über den Präsidenten und seine fünf Jahre im Amt waren mit einer Ukraine-Reise nicht wegzuwischen. Der Absturz seines Bündnisses ist eine schmerzhafte Ohrfeige, der Verlust seiner absoluten Mehrheit ein Schock für Macron. Er wird seine Regierung umbilden, Kompromisse machen müssen.
Dem Präsidenten ist es nicht gelungen, die tiefe Spaltung Frankreichs zu überwinden. Rechts- wie Linksradikale sind stark in der Gesellschaft verankert und haben Zulauf. Die Gelbwesten-Proteste sind zwar von der Straße verschwunden, aber die Wut der Menschen ist noch da. Keines ihrer Probleme wurde gelöst. Kaufkraft, Energiesicherheit und Rente waren die wichtigen Themen. Und da ist Macrons Bilanz ernüchternd. In Frankreich ist das Amt des Präsidenten jedoch mit sehr viel Macht ausgestattet. In der Außen- und Verteidigungspolitik hat Macron das Sagen. Für Europa wird er ein verlässlicher Partner bleiben.
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