Einmalige Chance

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Stefanie Ball
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Es gilt die freie Wohnortwahl. Ukrainische Staatsangehörige, die einen biometrischen Pass besitzen, konnten sich schon immer legal bis zu 90 Tage in der EU aufhalten. Diese Frist wurde seit Beginn des Krieges in der Ukraine auf 180 Tage verlängert. Wer keinen biometrischen Pass besitzt, für den gilt eine Sonderregel: Er oder sie darf sich bis 23. Mai visumfrei in Deutschland aufhalten. Die Menschen dürfen sich frei bewegen, und auch eine Meldepflicht gibt es nicht. So ist eine staatlich reglementierte Verteilung der Menschen schwer möglich. Sie kann wenn überhaupt nur auf freiwilliger Basis erfolgen. Auch wenn sich manch einer eine „bessere Koordinierung“ wünschte und auf EU-Ebene der seit langem schwelende Konflikt über verbindliche Flüchtlingsquoten wieder offen aufgebrochen ist.

Sicher, es lassen sich Anreize setzen, und es sind auch täglich Busse aus Berlin oder Frankfurt/Oder im Einsatz, die die dort Gestrandeten an andere Orte in Deutschland bringen sollen. Doch die bleiben oft halb leer – weil die Menschen eben andere Pläne haben. Sie wollen vielleicht nicht nach Ladenburg oder Ludwigsburg, sondern nach Mannheim oder Stuttgart, in die großen Städte eben.

Diese stehen nun jeden Tag vor der logistischen Herausforderung, die Geflüchteten zu versorgen, zu informieren, ihnen eine Bleibe zu suchen. Sie willkommen zu heißen! Tatsächlich gelingt das, wie das Beispiel Mannheim zeigt, es ist ein Kraftakt, keine Frage, aber wohl aktuell alternativlos. Umso mehr sind die Landesregierungen und der Bund in der Pflicht, die Kommunen, in die jetzt besonders viele Menschen strömen, zu unterstützen. Es muss eine Verteilung stattfinden: nicht von Geflüchteten, sondern von Geldern.

Im besten Fall wird sich am Ende des beispiellosen Beispiels zeigen, ob eine weitgehend vom Markt und nicht vom Staat durch feste Quoten gesteuerte Migration nicht grundsätzlich die bessere Lösung ist. Weil größere Städte in der Regel mehr und bessere Strukturen haben, um Menschen zu integrieren. Weil Netzwerke, also Verwandte und Freunde, die Vertriebene in einer Stadt schon haben, das Einleben erleichtern. Mit der Aktivierung der Massenzustrom-Richtlinie hat die EU darüber hinaus zum ersten Mal ideale Bedingungen geschaffen: Die Ukraine-Flüchtlinge müssen nicht langwierig Asylverfahren durchlaufen, sondern dürfen gleich loslegen. Mit ihrem neuen Leben in Deutschland. Job-Plattformen zur Vermittlung ukrainischer Arbeitskräfte boomen bereits.

Freie Autorin