Kommentar Die Gebührenerhöhung in Mannheim ist ärgerlich, aber die Müllabfuhr muss sich modernisieren

Mannheim erhöht die Müllgebühren - mehr, als wegen Inflation und Energiekrise nötig wäre. Die Zukunftspläne der Abfallwirtschaft weisen trotzdem in die richtige Richtung, meint Lokalredakteur Thorsten Langscheid

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Thorsten Langscheid
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Mannheim. Die Erhöhung der Müllgebühren kommt zur Unzeit und fällt vor allem in der zweiten Stufe sehr viel höher aus, als durch Inflation und Energiekrise nötig wäre. Das ist mehr als ärgerlich für alle, die sowieso aufs Geld achten und jetzt überall – von Lebensmitteln bis zur Müllabfuhr – mehr berappen müssen.

Die Stadt will bei den Haushaltsberatungen in der kommenden Woche eine ganze Latte von Gebührenerhöhungen von der Kita bis zum Friedhof beschließen lassen. Deswegen hilft der Hinweis auf die absoluten Beträge der Müllgebührenerhöhung, die pro Monat für den Einzelnen im niedrigen einstelligen Euro-Bereich liegen, nicht weiter. Es läppert sich halt und frisst in der Summe den finanziellen Spielraum der Bürger auf.

Dass Abfallwirtschaftschefin Alexandra Kriegel und Bürgermeisterin Diana Pretzell (Grüne) nicht anders können, als mit der Tariferhöhung die Vorgaben des Kommunalabgabengesetzes zu erfüllen, ist allenfalls ein schwacher Trost. Denn die Müllabfuhr darf weder Defizite noch Überschüsse bilanzieren.

Zur Erinnerung: Als die Müllverbrennung in der Vergangenheit durch vertragliche Neufassungen billiger wurde, sanken in Mannheim die Gebühren über mehrere Jahre spürbar. Nun aber liegt – leider – der umgekehrte Fall vor: Weil die Verträge neu auszuschreiben waren, sind Verbrennungskapazitäten eben nur zu Marktkonditionen einzukaufen – immerhin bei der MVV auf der Friesenheimer Insel, die im Verfahren den günstigsten Preis aufgerufen hatte. So muss Müll nicht auch noch durchs ganze Land in die Verbrennung gekarrt werden.

Dass Kriegel und Pretzell zudem gezielt für Müllvermeidung und damit langfristig für Preisstabilität sorgen wollen, sind Schritte in die richtige Richtung. Vor allem, dass Wohnungsvermieter bei Aufstellung und Anzahl von Biotonnen und Restmüllbehältern in die Pflicht genommen werden. Recherchen dieser Zeitung hatten bereits 2013 gezeigt, dass in Großwohnanlagen Müllgebühren im Schnitt gut doppelt so hoch waren wie in einer gleich großen Wohnung in einem Mehrfamilienhaus.

Dieses Missverhältnis illustriert die soziale Schieflage, die Mülltrennung und Abfallvermeidung in weiten Teilen der Stadt stark erschwerten, wenn nicht unmöglich machten. Und es ist einer der Gründe dafür, warum Mannheim im landesweiten Vergleich nach wie vor mit die höchste Pro-Kopf-Menge an Abfällen produziert.

Redaktion koordiniert die Berichte aus den Mannheimer Stadtteilen.