Bereits vor vier Jahren hat die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde ein Papier herausgegeben, in dem stand: Die „aktuell drängendste Herausforderung“ sei, eine „bedarfsgerechte und patientenorientierte Versorgung“ von Menschen mit psychischen Erkrankungen „vor dem Hintergrund begrenzter Ressourcen und steigender Nachfrage zu gewährleisten“. Geändert hat sich seitdem wenig: Wer eine Traumatherapie braucht, wartet schon einmal zwei Jahre auf einen Therapieplatz. Bei anderen Erkrankungen ähnlich. Covid erleichtert alles nicht, die Long-Covid-Ambulanz des Mannheimer ZI etwa hat lange Wartelisten. Beim ZI versucht man daher stetig, Personal aufzustocken. Das ist richtig und vor allem nötig, da die mangelnde Versorgung ein Problem ist, das sich nun verschärft. Durch den brutalen Krieg in der Ukraine. Denn auch beim Thema Psychotherapie für Geflüchtete weiß man schon lange, dass „die Diskrepanz zwischen dem Bedarf und der Kapazität der Zentren ersichtlich wird und eklatant ist“, wie es die Bundesarbeitsgemeinschaft Psychosozialer Zentren für Flüchtlinge Ende 2021 formulierte.
Fakt ist: Was jetzt auf uns zukommt, ist ein altes Problem, das eine neue Lösung braucht. Wohnen, Arbeit und Betreuung sind die ersten und wichtigsten Bedürfnisse der Geflüchteten – aber das andere darf nicht vergessen werden. Denn mentale Gesundheit ist mit die Basis, um sich hier zu verwurzeln. Und teilzuhaben. Jetzt müssen (langfristige) Gelder vom Bund – nicht nur von Land und Kommune – kommen. Jetzt müssen kleinere, niederschwellige psychosoziale Beratungsstellen gefördert werden. Jetzt müssen kreative, digitale Chancen genutzt werden (Stichwort Online-Therapien, Therapie-Apps). Sie müssen effizient und zielgruppengerecht Versorgung für alle gewährleisten.
Studien zeigen, dass etwa 30 Prozent der Geflüchteten psychosozial versorgt werden müssen. Das ist viel. Aufstockung wird uns allen helfen!
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Beim Psychotherapie-Angebot braucht es neue Lösungen