Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar 2G-Regel als Sündenbock im Einzelhandel

Mannheim. Wollten Sie schon immer einmal in Ihrem Leben Polizei spielen? Dann sollten Sie sich für einen Job im Einzelhandel oder im Dienstleistungsbereich bewerben. Dort können Sie nonchalant von fremden Menschen die Herausgabe eines Ausweises verlangen. Die 2G-Regel macht’s möglich.

Die betroffenen Angestellten im Handel können über derartige Späße nicht lachen. Schließlich sind sie diejenigen, die die Einhaltung der 2G-Regel überprüfen müssen, Beschimpfungen und Spott inklusive. Mit dem Unterschied, dass an dieser Stelle ihr Handlungsspielraum endet und sie das, im Gegensatz zur Polizei, erdulden müssen.

Ausweiskontrollen sind eigentlich eine hoheitliche Aufgabe des Staates. Nicht einmal bei einem Ladendiebstahl sind Verkäuferinnen und Ladeninhaber dazu befugt, den Ausweis des Verdächtigen zu verlangen, hat kürzlich ein Einzelhändler berichtet. Aber wie schon manch anderes in den vergangenen zwei Jahren: Corona macht’s möglich.

Für den Handel ist das zweite Weihnachtsgeschäft in Folge desaströs verlaufen. Das lässt sich bereits jetzt resümieren, obwohl die laufende und kommende Woche noch zum Weihnachtsgeschäft hinzugerechnet werden. Eigentlich ist das die Zeit, in der die Händler den „Winterspeck“ für die umsatzschwachen Monate anlegen. Wenn das wiederholt nicht möglich ist, ist klar, was das für einige bedeuten kann.

Der Sündenbock ist ausgemacht: die 2G-Regel. Viele Kunden hatten deshalb darauf gehofft, dass auch Mannheim die 2G-Bändchen einführt. Dass sie nicht kommen, kann man bedauern. Aber mal ehrlich: Ob man beim Shopping zwei-, drei Mal weniger seinen Impfnachweis und Ausweis vorzeigt, macht keinen großen Unterschied. Es sind doch ganz andere Aspekte, die die Lust am Einkaufen nehmen: die fehlende Perspektive auf einen festlichen Anlass oder Urlaub. Oder die dichten Masken, unter denen man es im Kaufhaus nicht lange aushält. Für mehr Freiheit gibt es nur einen Ausweg: Die Impfung macht’s möglich.