In Gesprächen und Diskussionen stelle ich immer wieder fest, dass zu viele Menschen nicht wirklich wissen, woher unser Wohlstand kommt. Und um es gleich zu sagen: Nein, vom Staat kommt er nicht. Denn die Regierung und die sozialen Sicherungssysteme verteilen nur das Geld, das vorher erwirtschaftet wurde. Die Antwort ist ganz einfach: Unser Wohlstand kommt von Menschen, die etwas unternehmen, die einer Idee, einer Mission folgen und sie verwirklichen wollen.
Im weitesten Sinne ist Bildung das, was Chancen eröffnet und ein selbstbestimmtes, zufriedenes Leben ermöglicht.
Diese Unternehmer überwinden dabei Widrigkeiten und gehen Risiken ein. Denn Erfolg garantiert ihnen niemand. Nicht wenige scheitern oder holen sich ein, zwei Mal eine blutige Nase, bevor sich Erfolg einstellt. Diejenigen, die sich durchsetzen, verbreitern das Angebot auf dem Markt, schaffen Arbeitsplätze – und zahlen Steuern. Einige wenige werden sogar zu „Hidden Champions“, das sind kleine, mittelständisch geprägte Firmen mit besonderem Know-how. Viele dieser Firmen sind nicht an der Börse, sondern in der Hand der Gründer oder ihrer Familien, weshalb sich sogar ein extra Begriff eingebürgert hat: Familienunternehmen.
Die zweite Säule unseres Wohlstands ist das, was mit „Bildung“ nur ungenau umschrieben wird. Ungenau deshalb, weil alle dabei zuerst an Schule oder die Uni denken. Aber Bildung ist viel mehr – und findet auch an vielen verschiedenen Stellen statt. Ich weiß, wovon ich rede, denn ich habe kein Abitur und kein Hochschulstudium und halte mich dennoch für einen vielfältig gebildeten Menschen – und unterrichte mittlerweile selbst an Hochschulen.
Im weitesten Sinne ist Bildung das, was Chancen eröffnet und ein selbstbestimmtes, zufriedenes Leben ermöglicht: Chancen für junge Menschen, aus ihrem Leben etwas machen zu können. Und Chancen für Ältere, noch einmal draufzusatteln, sich umzuorientieren, es noch einmal anzupacken. Es ist kein Zufall, dass selbst das Wort „Herzensbildung“ den Bildungsgedanken in sich trägt.
Unternehmertum und Bildung: Ohne diese beiden Säulen werden wir die Zukunft nicht gewinnen. Wir brauchen beides, um unseren Wohlstand zu sichern und unser Leben klimaneutral umzugestalten.
Wie ich in meinem kürzlich erschienen Buch „Zukunftsfest“ erläutert habe, leisten Unternehmer einen entscheidenden Beitrag für unsere Gesellschaft, unseren Wohlstand und sichern mit ihrer Arbeit unsere Zukunftschancen.
Beispiele gefällig? Familienunternehmen wie die Firma Miele werden bereits seit Generationen von Mitgliedern der Gründerfamilie geführt. Sie sind nach wie vor innovativ, sorgen für gute betriebliche Aus- und Weiterbildung und sind oft für den Wohlstand ganzer Regionen mitverantwortlich. Ohne zupackende Ingenieure wie die fünf Gründer von SAP, das vor den Toren von Mannheim seine Zentrale hat, werden wir die Digitalisierung des 21. Jahrhunderts nicht meistern. Und ohne Wissenschaftler mit Geschäftssinn und unternehmerischer Kraft wie Özlem Türeci und Ugur Sahin, die das Unternehmen BioNTech in Mainz gegründet haben, werden wir in Zukunft auf medizinischem Gebiet nicht mithalten können.
Erfolgreiche Unternehmer wie die SAP-Gründer prägen ganze Regionen. Mit Herzblut. Mit sehr viel privatem Geld
Der oft gehörte Satz jedenfalls, wonach „die Wirtschaft“ die anderen sind, ist falsch und richtet Schaden an. Nein, „die Wirtschaft“, das sind wir alle. Deshalb wäre es auch so verheerend, wenn man Unternehmern Schritt für Schritt die Freiheit nimmt und mit immer mehr Misstrauen und bürokratischen Vorgaben das Leben schwermacht.
Das gefährliche an der permanenten Ausweitung der staatlichen Eingriffe und Vorgaben ist, dass das Abwürgen von unternehmerischer Freiheit schleichend passiert. Man merkt es nicht, wenn Unternehmer sagen: Gut, dann lasse ich es eben bleiben. Oder im Ausland investieren.
Unsere bewährte Soziale Marktwirtschaft ist ein kluger, zeitgemäßer und sehr beweglicher Rahmen, der aufs Ausbalancieren angelegt ist. Sorgen wir dafür, dass wir die Soziale Marktwirtschaft als Regelwerk am Leben erhalten – ohne sie zu beschädigen, weil wir glauben, Beamte in Ministerien seien die klügeren Investoren, Entwickler, Forscher und Händler.
Der Gastautor Harald Christ
Bild: Thomas Imo/photothek.net
Harald Christ, geboren am 3. Februar 1972 in Worms, bekleidete nach der Ausbildung zum Industriekaufmann im Bank- und Versicherungswesen über 25 Jahre verschiedene Führungspositionen bei Banken und Versicherungen. Darüber hinaus gründete er eigene Unternehmen und ist Lehrbeauftragter an zwei Hochschulen.
In seiner politischen Laufbahn war er unter anderem im Schattenkabinett des SPD-Kanzlerkandidaten Frank Walter Steinmeier als Kandidat für das Amt des Bundesministers für Wirtschaft nominiert. Zudem war er Mitbegründer des Wirtschaftsforums der SPD sowie Mittelstandsbeauftragter des Parteivorstandes der SPD.
Nach seinem Austritt aus der Partei 2019 trat er Anfang 2020 in die FDP ein. Von September 2020 bis April 2022 war er Bundesschatzmeister der FDP.
2020 gründete er die „Harald Christ Stiftung für Demokratie und Vielfalt“. Ferner bekleidet er verschiedene Aufsichtsratsmandate und Ehrenämter.
Im März ist sein Buch „Zukunftsfest – Wie wir die Chancen der 20er Jahre nutzen müssen“ im Murmann Verlag erschienen.
Die Vorhaben vieler Aktivisten, denen die „Transformation“ von Wirtschaft und Gesellschaft nicht schnell genug gehen kann, würden jedenfalls das Kind mit dem Bade ausschütten, wie ein altes Sprichwort so schön sagt. Es ist ein Jahrhundertthema, Ökologie und Ökonomie konsequent zusammenzudenken.
Entscheidend wird sein, welchen Pfad wir einschlagen, um uns Schritt für Schritt zu verändern. Ich bin überzeugt: Durch unzählige Verbote und eine Verarmung auf breiter Front werden wir das Klima nicht retten. Der rettende Weg heißt Innovationen, moderne, saubere Technik, wirtschaftlicher Wettbewerb um die besten Ideen – und freies Unternehmertum.
Und dabei spielen diverse Gedanken wichtige Rollen: Es ist für das ganze Land und für das Gemeinwesen von großem Schaden, dass Unternehmer immer weniger Gehör finden. Und sich immer weniger einmischen in die Willensbildung von Parteien. Politiker in der Exekutive treffen auf „die“ Wirtschaft oft nur noch in Form von Lobbyisten einzelner Branchen.
Zudem ist in Schulen ebenso wie in den meisten Medien das Bild, das von Unternehmern gezeichnet wird, negativ und ressentimentgeladen. Sowohl im „Tatort“ als auch in den Fernseh-Talkshows. Das müssen wir ändern. Vor allem, weil es grundlegende Zusammenhänge von Wirtschaft und Gesellschaft, von Bildung und Innovationen ausblendet. Die Empathielosigkeit gegenüber Unternehmern ist ein Problem dieses Landes.
Erfolgreiche Unternehmer wie Dieter Schwarz oder die SAP-Gründer Dietmar Hopp, Hasso Plattner und Klaus Tschira prägen ganze Regionen. Sie tun das sehr bewusst. Mit Herzblut. Mit sehr viel privatem Geld. Sie benehmen sich eben nicht wie russische Oligarchen oder die bösen Geldsäcke in den James-Bond-Filmen. Dieter Schwarz sorgt dafür, dass Heilbronn wieder ganz vorne mitspielt, was Bildung, Innovationen und Unternehmertum anbelangt. Deutschland müsste ihn wie einen Star feiern. Warum tun wir das nicht?!
Ohne eine innovative Wettbewerbswirtschaft werden wir unseren Wohlstand verspielen
Seit Jahren ist der Begriff der Corporate Social Responsibility (CSR) eingeführt. In der Finanzwelt hat sich das Kürzel ESG eingebürgert. Es steht für die englischen Begriffe Environment, Social, Governance. Bezeichnend ist, dass das, was damit gemeint ist, die Familienunternehmen und Hidden Champions der deutschen Wirtschaft, seit Generationen tun: Sie engagieren sich in ihren Regionen. Sie helfen, spenden, verbessern, bilden aus. Das müssen wir unterstützen und weiterbilden. Das sollte unsere politische Benchmark sein! Gehen wir also pfleglicher mit Unternehmerinnen und Unternehmern um als wir es in den vergangenen Jahren getan haben. Ohne eine innovative Wettbewerbswirtschaft, die eingebettet ist in einen stabilen Sozialstaat, werden wir unseren Wohlstand verspielen. Und damit die Zukunft unserer Kinder und Enkel, Nichten und Neffen.
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