Die Fakten liegen auf dem Tisch: Führung in Unternehmen ist nach wie vor überwiegend männlich. Doch die Frauen drängen zunehmend in diese Bereiche. Sie entwickeln sich und ihre Fähigkeiten beständig weiter und kommen bei Top-Entscheider-Besetzungen immer öfter zum Zug. Die Quote ist kein reines Unwort mehr. Sie wird in der Breite der Gesellschaft diskutiert und immer mehr auch bewusst umgesetzt. Sehr oft scheitern Frauen dann aber doch, oft einsam in allzu männlicher Umgebung oder sollten wir sagen, sie werden bisweilen gescheitert? Der vielzitierte Krieg der Geschlechter findet nicht mehr nur daheim zwischen Socken und Herd statt, sondern auch um Führungs- und Machtpositionen in Unternehmen. Zu oft geht es gegeneinander statt Miteinander.
Vor ein paar Jahren waren die Schlagzeilen dominiert von der Zukunft der Frauen. Aktuell bäumen sich die vielzitierten alten weißen Männer noch einmal so richtig auf. Können die Männer danach einpacken oder bleibt es noch ewig, wie es ist?
Die Frauen als treibende Kraft im Kampf um Gleichberechtigung machen seit vielen Jahrzehnten auf Ungerechtigkeiten aufmerksam, wollen gehört und ernst genommen werden und stoßen damit immer weitere Veränderungen an. Frauen stärken sich und ihresgleichen und machen klar, dass sehr viel möglich ist. Sie stolpern dabei nicht nur über männliche Machtstrukturen, sondern auch über ihre eigenen inneren Ansprüche, ebenso wie über ihre Bilder von Männlichkeit und Weiblichkeit. Männer hingegen, männliche Führungskräfte im Besonderen, wissen noch nicht so recht mit den mittlerweile erstarkten und geübten Kämpferinnen umzugehen. Sie hinterfragen sich, ihre Rolle, die traditionellen Bilder von Männlichkeit und männlicher Führung noch kaum. Sie lehnen zwar Gender-Thematiken nicht mehr offen ab, zucken aber insgeheim mit den Schultern und erscheinen unsicher in Haltung und Inhalt.
Was muss also passieren, damit Männer und Frauen besser zusammenarbeiten können? Dazu braucht es mehr Bewusstsein. Vielen Männern wird das Erstarken der Frauen schon etwas viel, den meisten Frauen ist es nach wie vor zu wenig. Ihr Ansporn und ihre Ansprüche steigen, sie wittern weitere Etappensiege. Es geht also eindeutig wieder mehr zur Sache im Kampf der Geschlechter und gleichzeitig liegt das gute Miteinander näher als je zuvor. Kein Widerspruch, sondern eine logische Konsequenz der derzeitigen Entwicklungen.
Wollen wir erfolgreich zusammenarbeiten braucht es Selbstreflexion und Selbstverantwortung auf beiden Seiten und die bewusste Ausrichtung auf ein gutes Miteinander. Beide Seiten sind mehr denn je gefordert, sich den eigenen Stärken und Schwächen zuzuwenden. Denn in Anlehnung an oft gehörte Aussagen stellen wir klar: 1. Männer sind nicht besser als Frauen. 2. Es gibt sehr wohl einen Unterschied zwischen Männern und Frauen. 3. Frauen sind nicht besser als Männer. 4. Die Zukunft gehört nicht der Gleichheit. Nur wenn wir mit einer Haltung von Unterschiedlichkeit und Gleichwertigkeit in den Dialog gehen, entsteht Neues. Wollen wir erfolgreich zusammenarbeiten braucht es Selbstreflexion und Selbstverantwortung auf beiden Seiten und die bewusste Ausrichtung auf ein gutes Miteinander. Beide Seiten sind mehr denn je gefordert, sich den eigenen Stärken und Schwächen zuzuwenden.
Frauen von heute können selbstbewusst in die berufliche Zukunft schauen: sie sind kompetent, bestens ausgebildet und bereit, vollen Einsatz zu leisten. Sie wollen endlich selbst das berufliche Umfeld auf eine weiblichere Art gestalten und die Wertschätzung dafür erhalten, die sie verdienen. Und was erleben sie vielfach? Anpassungsdruck an ein bestehendes System. Das heißt nicht in die Opferrolle zu verfallen, sondern zu überlegen, was Frau selbst tun kann, um ihre Konzepte und Ideen lebendig werden zu lassen. Dabei hilft ihnen, sich konsequent auf ihre eigenen Stärken zu fokussieren. Sogar Frauen, die nach außen selbstbewusst auftreten, spinnen Gedanken über ihre Unzulänglichkeiten und tappen in die Perfektionsfalle. Beständig die eigenen Qualitäten im Blick zu haben, entlastet sie und ist ein Baustein zu einem stabilen Selbstwert, der unverzichtbar ist, wenn sie in einem männerdominierten Umfeld führen und Frau bleiben wollen. Das macht Frauen mutiger. Und diesen Mut brauchen sie. Denn sie müssen sich einem Thema stellen, das sie umkreisen wie die Katze den heißen Brei: ihre Angst vor dem Scheitern, die sie im entscheidenden Moment den Schritt in die sichere, angepasste Richtung machen lässt. Die ständige Frage nach dem „Was, wenn es schiefgeht…“ ist kein guter Begleiter auf der Karriereleiter. Die Befreiung gelingt durch den Mut zur Selbstreflexion, das lohnende Ziel und die Gewissheit: Männer brauchen Frauen – auch in der Berufswelt.
Damit Männer optimale Ergebnisse liefern gilt es für sie zu erkennen, dass sie neben der Sachaufgabe auch die Beziehungsaufgabe lösen müssen. Das Aushalten ihrer Gefühle und die engen traditionellen Bilder von Männlichkeit stehen ihnen dabei sehr stark im Weg. Männer die den Sieger geben, obwohl sie sich hilf- oder ratlos fühlen, fahren den Karren, also das Projekt, also ihre Führungsaufgabe immer mehr gegen die Wand.
Der Umgang mit starken Frauen fordert auf Männerseite ein echtes tiefes Selbstbewusstsein, keine reine Gewinnerfassade. Echtes Selbstbewusstsein kennt und akzeptiert auch seine Schwächen. Aber Männerhand aufs Herz: Wer kann sich selbst und vertrauten Personen diese wirklich eingestehen. Gerade Männer, nicht zuletzt männliche Führungskräfte haben hier die meisten Schwierigkeiten. Gerade unter ihresgleichen reden sie kaum über Probleme. Etwa 80 Prozent der erwachsenen Männer haben keinen besten Freund, also einen anderen Mann dem sie offen sagen, wie es ihnen wirklich geht. Diese Mentalität fördert eine Unternehmenskultur, die kaum Schwächen und Fehler zugesteht. Die Angst zu versagen führt bei Männern oft zu einem Rückgriff auf alte autoritäre Führungsmuster, die aber heute gerade im Umgang mit Frauen und jungen Menschen immer weniger greifen. Darunter leiden aber auch die Männer selbst. Die eigenen Defizite zu kennen und sich wirklich für diese Themen zu öffnen braucht ein neues Bewusstsein und einen Rahmen der diese Auseinandersetzung ermöglicht, auch in Unternehmen.
Unternehmen müssen großes Interesse daran haben, eine Gender-Balance-Kultur zu fördern und zu etablieren. Denn für sie steht viel auf dem Spiel. Nur ein Ruf als moderne, zukunftsorientierte Organisation macht sie zu einem attraktiven Arbeitgeber. In der jungen Generation schauen beide Geschlechter auf die Kultur eines potenziellen Arbeitgebers, auch die Männer, die sich ihr Familienleben nicht nur aus der Ferne vorstellen wollen. Außerdem dürfen sich Unternehmen ein Mehr an Innovationskraft und bessere Entscheidungen erwarten. Und sie können sich nachhaltig über bessere Erträge freuen. Was sie dafür tun sollen? Alles, was zu einer Zusammenarbeit auf Augenhöhe beiträgt, alles was die Benachteiligung eines Geschlechts verhindert, alles, um unbewusste Voreingenommenheit bewusst zu machen und Schritt für Schritt verabschiedet. Wie sie das tun können? Indem sie althergebrachte Regeln, Prozesse und Strukturen durchleuchten und verändern. Indem sie die Perspektiven beider Geschlechter erkennen wollen und deren Interessen ernst nehmen. Dann werden sich Frauen nicht mehr anpassen müssen sondern ihre Stärken ausspielen. Und Männer werden sich vom Druck befreit fühlen und aufatmen.
Fazit: Besser gemeinsam, als männlich einsam! Wer auf ein gutes Miteinander der Geschlechter achtet, gewinnt! Beruflich und privat!
Die Gastautoren
Ruth Terink ist Unternehmensberaterin, Wirtschaftscoach und Trainerin. Sie war lange Zeit im Vertrieb und der Personalentwicklung in leitender Position tätig. Heute begleitet sie Firmen in der Führungskräfteentwicklung und trainiert Frauen und Männer in Kommunikation, Selbstmanagement und Selbstwert.
Ihr gemeinsamer TaschenGuide „Typisch Mann, typisch Frau? Wie Frauen und Männer noch besser zusammenarbeiten“ ist im Februar bei Haufe erschienen.
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