Wettlauf gegen die Zeit

Von 
Lisa Gabauer
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Wir sollten alle öfter an unsere letzte Ruhestätte denken – an das erdige Plätzchen, von Gras bewachsen, auf dem hoffentlich auch das ein oder andere Blümchen stehen wird. An dem das Leben um uns herum weitergehen wird, die Vögel zwitschern, die Regenwürmer kriechen, die Bäume ihr Laub auf uns abwerfen werden. Denn der Konkurrenzkampf macht auch vor dem Friedhof nicht Halt, wie wir diese Woche aus der Zeitung erfahren durften. In Berchtesgaden wurden jetzt die begehrtesten Friedhofsplätze verlost. Eine 53-Jährige ist so zur glücklichen Gewinnerin eines Grabes „unter einem Baum, mit schöner Aussicht“ geworden. Auf einer Nachrichtenseite im Internet wurde in den Artikel noch gleich eine Umfrage eingebettet: „Lohnt sich zurzeit die Investition in ein Eigenheim?“ Die Parallelen sind nicht von der Hand zu weisen. Die Tatsache, die nächsten 30 Jahre an einem Ort zu verbringen – ob über oder unter der Erde –, muss gut durchdacht und vorausschauend geplant werden. Da können wir Deutschen einiges von den Chinesen lernen. Diese geben schon zu Lebzeiten ein kleines Vermögen aus, um eine geeignete Ruhestätte zu finden. Hegen und pflegen diese dann unter großem Aufwand, bis, ja bis ihre letzte Stunde geschlagen hat.

Wenn man bedenkt, an was man so alles denken muss, bekommt das Wort Ruhestätte einen neuen Klang. Aber halten wir es am Schluss lieber mit dem Dramatiker Theodor Körner, der meinte: „Wer das Leben liebt und den Tod nicht scheut, geht fröhlich und frei durch die sinkende Zeit.“ Lisa Gabauer

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