Glosse Fahrgastbefragung der RNV? Das kann nur ein Strafprogramm sein

Ausgedünnte Fahrplane, kaputte Bahnen, Komplettstreik - genau der richtige Zeitpunkt für eine Fahrgastbefragung. Findet das Mannheimer Verkehrsunternehmen RNV. Das kann nur ein Strafprogramm sein, meint Florian Karlein

Veröffentlicht
Kommentar von
Florian Karlein
Lesedauer

Mannheim. Übrigens möchte ich nicht in der Haut der Menschen stecken, die ab diesem Montag Nutzer von Bussen und Bahnen in Mannheim, Heidelberg und Ludwigshafen befragen müssen. Momentan mit Klemmbrett, Stift und Lächeln auf den Lippen beispielsweise auf der Linie 2 von Feudenheim Richtung Innenstadt auf Fahrgäste zugehen? Dabei immer die Angst im Nacken, im besten Fall nur angeschrien zu werden? Dass die Befragung an diesem Montag startet, kann nur ein Strafprogramm für unliebsame Angestellte sein. Und zwar eines, dass über Wochen und Monate, sogar Jahre hinweg aufgebaut wurde.

Erst Streik, dann Befragung

Noch bevor die immer verhasstere Maskenpflicht in den öffentlichen Verkehrsmitteln endlich abgeschafft wurde, hat die RNV mit ausgedünnten Fahrplänen und ausfallenden Bussen die Stimmung weiter am Köcheln gehalten. Gleich mehrere Monate lang konnte sich so der Zorn der Nutzer immer weiter anstauen. Die wenigen Fahrer, die überhaupt noch für die RNV unterwegs waren, mussten sich zwar einiges anhören, konnten aber längst nicht all den Groll abfangen. Und so ist das Timing des Strafprogramms perfekt ausgetüftelt!

So treffsicher Verdi den vergangenen Freitag mit dem Klimaprotest von „Fridays for Future“ für einen Komplettstreik im Öffentlichen Personenverkehr ausgedeutet hat, so treffsicher hat jetzt die RNV das Startdatum ihrer Kundenbefragung ausgedeutet. Nur noch schnell eben jenen Komplettstreik rumgehen lassen, die Kunden sich tagelang den Kopf zerbrechen lassen, wie sie zur Arbeit kommen, oder sie einfach im Berufsverkehr feststecken lassen - und dann die missliebigen Angestellten reinschicken in die Busse und Bahnen, die jetzt wieder pickepackevoll sind mit Menschen, denen in den letzten Wochen und Monaten beim Gedanken an die RNV sowieso schon der Kragen platzt.

Solch ein Strafdienst ist sicher wirkungsvoller als ein strenges Mitarbeitergespräch. Immerhin bittet das Unternehmen in seiner Pressemitteilung alle Kunden um Verständnis dafür, dass sie nach all dem Ärger jetzt noch darauf angequatscht werden. Das unternehmensinterne Vergehen der Befrager muss wohl so massiv gewesen sein, dass nur diese drastische Maßnahme infrage kommt. Was auch immer sie angestellt haben: Nach dem „Klemmbrett-Programm“ wird das nicht mehr vorkommen.

Redaktion Leiter des Redaktionsteams Mannheim