Mannheim. Krabbe, Affe oder Biest heißen die dynamischen Figuren, die von der Tierwelt inspiriert sind und mit fließenden Bewegungen eine Choreografie bilden: Was ungewöhnlich klingt, ist die Sportart Animal Flow. Sie soll den ganzen Körper trainieren, die Mobilität, Kraft, sowie die Koordination stärken. Ein Selbstversuch bei Julia Zinsmeister aus Mannheim.
Selbstversuch Animal Flow in Mannheim: Gelenke aufwärmen ist wichtig
Wir treffen uns am Unteren Luisenpark. Die 39-jährige, dreifache Mutter ist selbst im Lockdown zu Animal Flow gekommen. „Ich habe mich direkt zur Level-1-Trainer-Ausbildung angemeldet“, erzählt die zierliche, aber durchtrainierte Mannheimerin fröhlich. „Das ging online direkt bei Mike Fitch.“ Der hat die Sportart schon vor 15 Jahren entwickelt.
Dadurch habe sie bemerkt, dass da ganz schön viel dahinterstecke, plaudert sie fröhlich, während ich in meine Turnschuhe schlüpfe. Eigentlich trainiert man barfuß oder in Barfußschuhen. Dafür finde ich das Gras aber ein bisschen zu nass.
Beim Aufwärmen werden Hüfte, Schultern, Wirbelsäule und vor allem auch die Handgelenke vorbereitet. Vor allem letztere kommen bei den Figuren häufig in den Einsatz und müssen den ganzen Körper gut stützen. Animal Flow sei eine gute Ergänzung zum athletischen Training, weil es auf Grundlagen aufgebaut wird. Der Sport eignet sich für alle Altersklassen, betont Zinsmeister.
Animal Flow hat drei Grundfiguren Affe, Biest und Krabbe
Julia Zinsmeister zeigt mir eine kleine Choreografie. Es sieht sehr geschmeidig aus, wie sie von einer Figur in die andere fließt. Weil man zurück zu den Wurzeln geht, was etwas Animalisches an sich hat, heißt die Sportart Animal Flow. Es gebe drei Ausgangsfiguren, die Ape (Affe), Beast (Biest) und Crab (Krabbe) heißen. Zudem gebe es auch eine Figur namens Scorpion Reach oder Crocodile Roll.
Erste Übung, um sich mit diesen Animal Flow Bewegungen vertraut zu machen, wir fangen an mit der Crab, bei der der Körper ein M formen soll. „Hier ist es ganz wichtig, die Handflächen ganz auf den Boden abzulegen“, sagt sie. „Die Füße sind mehr als hüftbreit geöffnet, sie dürfen weiter auseinander sein als die Hände.“ Beim Versuch, das Gewicht zwischen Händen und Füßen zu verlagern, kippe ich fast um.
„Wir gehen beim Animal Flow sozusagen wieder in unseren Ursprung zurück“, erzählt Zinsmeister. Babys etwa krabbeln zuerst, bevor sie laufen. „Unser Gangmuster wird damit geschult. Die Koordination von Oberkörper und Unterkörper, wird übers Krabbeln kalibriert und man bekommt eine gute Verbindung von Beckenboden bis zum Brustkorb.“
Ein guter Ausgleich, weil wir im Alltag viel Zeit im Sitzen verbringen, sagt Julia Zinsmeister. Die natürlichen Gangmuster, die wir verloren haben, können wir uns mit Animal Flow wieder zurückerarbeiten. „Nebenbei bauen wir unheimlich viel Kraft auf im Corebereich. Und das hat positive Effekte auf unser allgemeines Wohlbefinden, wenn wir stehen“, sagt sie. „Wir stehen viel aufrechter, viel selbstsicherer und fühlen uns wieder in unserem Körper wohl.“
Die Wechsel zwischen den Figuren beim Animal Flow sind gar nicht so einfach
„Versuch dich in der Mitte einzupendeln“, rät Zinsmeister. Inzwischen klappt es, die statische Position einzunehmen. Zwischen den verschiedenen Figuren zu switchen, etwa den Underswitch von Crab zu Beast, klappt noch nicht. „Bei dir sieht es so leicht aus“, klage ich. Julia Zinsmeister tröstet mich. „Am Anfang ist es super schwer.“ Und ich übe weiter.
Auch die Fingerkuppen kommen zum Einsatz. „Drücke sie wie ein Tier seine Krallen fest in den Boden“, weist die Trainerin mich an. „Dann nehme ich ein bisschen Last vom Handgelenk, denn sonst wird es zu viel. Und ganz wichtig, ich sinke hier nicht ein, sondern ich drücke den Boden weg.“ Das Anheben der Knie mit der Pumpspannung sieht bei ihr leichter aus, als es tatsächlich ist.
Trainiert wird die Coremuskulatur, das Fasziennetz wird geschmeidiger und gestärkt, ebenso die Handgelenke, der Schulterbereich und die Hüftgeschmeidigkeit.“ Und natürlich die Fußgelenke. Der Geist profitiert genauso davon. „Es ist eine schöne Sache, um aus dem Grübeln rauszukommen.“
Fasziengerechtes Training steht bei Animal Flow im Vordergrund
Als nächstes gehe ich in die Position, die im Yoga als herabschauender Hund bekannt ist. Mit Yoga hat Animal Flow allerdings nicht viel zu tun. „Yogaübungen bzw. deren Ausführung sind nicht immer fasziengerecht“, sagt sie und bittet mich, die Finger zu spreizen. „Die Ellenbogen sind gestreckt, die Schultern wollen an die Ohren ran. Lass die Fersen abgebogen, die dürfen leicht gebeugt sein.“ Mein Steißbein zeigt in Richtung Himmel, ich mache mich lang. „Sehr gut“, lobt sie. Ich strahle.
Da man beim Animal Flow auch akrobatisch tätig ist, lernt man spielerisch seine Grenzen zu überschreiten – und mehr Vertrauen in seinen Körper zu bekommen. Generell komme es auf den faszialen Blick aufs Training an. Auf schnelle Erfolge sollte man aber nicht hoffen. Denn bis man in den Sport reinkommt, müsse man erst mal dranbleiben. Dann sei die Erfolgskurve hoch, bis sie wieder stagniere.
Doch es geht schon wieder weiter. „Von hier geht wieder tief in die Hocke, die Knie gehen weit auseinander. Das ist wie so eine V- Position.“ Jetzt versuchen wir diese Spinal Wave, erklärt sie. „Roll dich vor, Kinn zur Brust, Und erst ganz am Ende geht der Kopf in den Nacken. Sehr schön.“ Das Vorwärts-Krabbeln, bei dem das linke Bein sich zeitgleich mit der rechten Hand bewegen, funktioniert nur so semi bei mir.
Fazit: Selbstversuch Animal Flow geglückt
Ich erinnere mich, dass ich schon als Kind immer besser rückwärts krabbeln konnte. Und – oh Wunder, das ist auch heute noch so. Wir probieren die Figur Ape, die wie ein tiefere Squat aussieht. Das zieht ganz schön in den Waden, finde ich. Und so sehr ich mich auch bemühe, von einer Figur in die nächste zu rollen, also ein „Travel“ zu machen, klappt einfach nicht.
Animal Flow in Mannheim
- Julia Zinsmeister unterrichtet ab 28.3. jeden zweiten Freitag um 17.30 Uhr „Animal Flow“ im Somayoga.Space, Langstraße 7, Im Hinterhaus, Mannheim-Neckarstadt.
- Weitere Infos: www.zinsmeister-movement.de
Ich muss mich zu sehr darauf konzentrieren, wie ich Arme, Beine, Kopf und Schulter koordiniere. Noch muss ich zu viel darüber nachdenken, wie ich meine Gliedmaßen unter Kontrolle halte. Doch mein Interesse ist geweckt: Und auch wenn ich morgen den schlimmsten Muskelkater meines Lebens bekommen sollt, war das sicher nicht meine letzte Stunde.
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