Mannheim. „Jeder kennt die Figur Pinocchio“ ist bereits die erste Lüge erklärt Manuel Gerst von der Theatergruppe Monster Truck. Bei einer Straßenumfrage für die neue Inszenierung der italienischen Geschichte im jungen Nationaltheater Mannheim kam heraus, dass die Geschichte hinter dem hölzernen Jungen den Wenigsten wirklich ein Begriff sei.
Monster Truck ist bekannt für außergewöhnliche Theaterstücke. Die Kollektivgruppe entstand 2005 am Institut für Angewandte Theaterwissenschaft in Gießen. Ihre Stücke „sind von der Kunst inspiriert“, so Gerst. Sie arbeiten kollektiv, das bedeutet „alle machen alles“, und kämpfen gegen politische Korrektheit. Das Publikum solle zum Nachdenken angeregt werden und eine Position einnehmen. So spielten bereits Schauspieler mit Trisomie 21 Mongolen in einer Inszenierung über Dschingis Khan. Das junge Nationaltheater hat die Kollektivgruppe nach Mannheim eingeladen, um das Thema Lügen in Zeiten alternativer Fakten und Unsicherheiten über Nutzung von Nachrichten für Kinder ab acht Jahren auf die Bühne zu bringen. Schnell wurde entschieden, dafür den bekanntesten Lügner der Kinderliteratur einzubringen: Pinocchio. Außerdem arbeite die Gruppe gerne mit Helden und fand Gefallen an dem Gedanken, einen Klassiker zu inszenieren, so Gerst.
Publikum wird Mitspieler
Am Originaltext von Carlo Collodi oder der Walt Disney-Verfilmung aus dem Jahr 1940 orientiert sich die Neuinszenierung nur bedingt. „Pinocchios Reise wird nicht thematisiert. Das Grundproblem ist aber das Gleiche: Pinocchio möchte ein Junge werden“, sagt Lisa Zehetner, Dramaturgin des Jungen Nationaltheaters. Die Figuren des Originals wie die Grille oder die blaue Fee blieben allerdings erhalten. Um das Stück für Kinder interessanter zu gestalten, wird die Bühne in den Schauplatz der Quizsendung„1, 2 oder 3“ umgebaut, ohne dabei das klassische Theatergefühl zu verlieren. So wird das junge Publikum zum Mitspieler, während die Figuren aus „Pinocchio“ zu Moderatoren und Maskottchen des Spektakels werden. Durch die interaktive Inszenierung sollen Kinder selbst spüren, wie die Grenzen von Wahrheit und Lüge sowie Manipulation verschwimmen. Und für alternative Fakten sensibilisiert werden.
Lisa Zehetner kennt Monster Truck schon seit längerem. Sie liebe den Konflikt zwischen Bühne und Zuschauern, der durch die Kollektivgruppe entsteht. „Nach einer Vorstellung weiß ich nie, ob ich glücklich oder verärgert bin“, erzählt die Dramaturgin. Für das Kinderstück wurden vorab Grundschüler zu den Proben eingeladen, um direkte Rückmeldung vom Zielpublikum und Anregungen zu erhalten. Am 6. April heißt es bei der Premiere „Ob du wirklich richtig stehst, siehts du, wenn das Licht angeht.“
Premiere für Kinder ab acht Jahre: 6. April, 18.30 Uhr im Schnawwl, Karten gibt es telefonisch unter: 0621/16 80 308.
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