Mannheim. "Ich finde, die Haupteigenschaft von diesem Text ist, dass er alle Kategorien permanent aufhebt und in Frage stellt", sagt Regisseur Dominic Friedel über die Stückvorlage seiner aktuellen Inszenierung am Nationaltheater. "Das bewegt sich alles ständig irgendwie dazwischen." Und in der Tat, schon beim Lesen, kann man sich nie sicher sein, ob Autorin Anne Lepper, ehemals Hausautorin in Mannheim, hier die ganz große Komödie auf die Seiten gebracht hat oder vielleicht eine der tragischsten Geschichten, die man seit langem gelesen hat.
"Mädchen in Not" ist mit seinen knapp über neunzig Seiten Text ein radikal schnelles und scharf geschnittenes Stück Theater, das am kommenden Donnerstag im Studio des Nationaltheaters seine Uraufführung feiern wird.
Die Protagonistin des Stücks, Baby, will ein eigenes Leben führen. Sich nicht weiter anpassen, einfügen und vor allem nicht mehr wollen, was ja eigentlich alle wollen. Eine persönliche Grundsatzentscheidung, die in erster Linie zu einer Suche danach führt, was denn nun genau das ist, was man wirklich will.
Die neue Ausrichtung ihres Lebens manifestiert sich in der Liebe zu einer Puppe anstatt zu einem "wirklichen" Mann, nichtahnend, dass ihre verschmähten Liebhaber sich hier in einer schicken Tarnung wieder in ihr Leben schleichen. Und um das Ganze nicht zu einfach werden zu lassen, treibt auch noch die Gesellschaft der Freunde des Verbrechens ihr Unwesen in der Stadt und macht alle Beteiligten zu Teilnehmern in einem unheimlichen und tödlichen Spiel.
In einer wuchtigen Flut von Zitaten, die von Hitchcock über Adorno und Hollaender bis zu Kleist und Ibsen reicht, und einer Mischung aus Alltagsfloskeln und angerissenen Satzbauten setzt Anne Lepper ihre verunsichernde Groteske zusammen, die einem bei aller Absurdität seltsam real vor-kommt. Und bei aller Komik eben auch tragisch.
"Die Figuren kommen ja bei aller Anstrengung auch nicht weiter. Die drehen von vorne herein immer wieder am selben Problem", beschreibt Friedel die Situation seiner Charaktere auf der Bühne. Eine wirkliche Herausforderung für die Bühne, so führt Friedel aus. Aber eine, die er gerne annimmt. Ist es ja auch nicht seine erste Arbeit mit Anne Lepper, da sie bereits bei Leppers Stück "Seymor" am Theater Bern zusammen gearbeitet haben. Man darf also gespannt sein, auf den Premierenabend auf der Studiobühne.
Infos und Karten
Die Premiere am Donnerstag, 26. Mai, 20 Uhr, im Studio Werkhaus des Nationaltheaters Mannheim ist bereits ausverkauft. Weitere Vorstellungen am 8. & 14. Juni, 20 Uhr. Karten gibt es unter 0621/16 80 150.
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