20 Jahre ist es her, dass "Independence Day" in den Kinos wie eine Bombe einschlug und den Schöpfer Roland Emmerich (60) endgültig in den Hollywood-Olymp hievte. Der in Stuttgart geborene Filmemacher wanderte nach ersten Achtungserfolgen in Deutschland mit "Joey" und "Moon 44" in den Neunzigern schließlich in die USA aus, um dort richtige Kracher inszenieren zu können, und verbuchte mit "Godzilla" und "2012" weitere Kinohits. Nun hat sich Emmerich mit "Independence Day: Wiederkehr" an die langersehnte Fortsetzung gemacht. Wir trafen Roland Emmerich zum Interview.
Warum ist die Fortsetzung Ihres größten Kinohits erst nach 20 Jahren zustande gekommen?
Roland Emmerich: Eigentlich hatten wir schon mal zwei Drehbücher verfasst, allerdings noch mit der zentralen Figur, die Will Smith im ersten Teil spielte. Will war von einer Fortsetzung anfangs noch sehr begeistert, sagte dann aber doch ab, und wir mussten umschreiben, was lange gedauert hat, weil wir immer wieder mit anderen Projekten beschäftigt waren. Doch vor etwa zwei Jahren ist mir klar geworden, wenn ich das jetzt nicht mache, wird es nie zu einer Fortsetzung kommen. Zumal auch das 20-jährige Jubiläum bevorstand, und mit zwei neuen jungen Autoren schrieben wir in vier Wochen ein neues Drehbuch, das von allen sofort grünes Licht bekam.
Filmtechnisch ist in den letzten 20 Jahren auch sehr viel passiert ...
Emmerich: "Independence Day" habe ich lange Zeit als Einzelfilm gesehen und fragte immer, warum soll ich ein Sequel drehen, was kann ich Neues hinzufügen? Ich habe mich also lange gewehrt, bis ich bei "2012" das erste Mal mit digitaler Kamera arbeitete und unheimlich viel vor einer Blue-screen entstand. Die Ergebnisse waren so toll, dass ich sagte, ich denke, wir sollten doch noch einen weiteren "Independence Day"-Film machen. Denn das, was heute technisch möglich ist, wird das, was wir damals nur mit Modellbauten drehen konnten, bei weitem übertrumpfen.
Sind Sie generell ein technikbegeisterter Mensch?
Emmerich: Ich verstehe überhaupt nichts von Technik, aber ich bin sehr smart. Wenn man vorm Computer sitzt, muss man ja nichts verstehen. Man muss nur wissen, was man will und welche Firma man für welche Spezialeffekte braucht.
Wie haben Sie sich in den letzten 20 Jahren eigentlich verändert?
Emmerich: Optisch schon ein bisschen, aber darüber reden wir lieber nicht. Ansonsten glaube ich, der Gleiche geblieben zu sein. Natürlich verändert man sich, aber gewiss nicht so sehr.
Nun werden in "Independence Day: Wiederkehr" wieder viele Wahrzeichen zerstört, aber weder das Brandenburger Tor noch der Fernsehturm in Stuttgart sind dabei ...
Emmerich: Deutschland habe ich einfach mal außen vor gelassen. Stattdessen dachten wir an Paris und London, doch nach den Attentaten hatte ich mich dann auch gegen Paris entschieden, weil ich dachte, das können wir jetzt nicht bringen, weshalb der Eiffelturm in "Independence Day: Wiederkehr" noch steht.
Wie sehr lag es Ihnen am Herzen, dass die Welt im neuen Film vereint ist, um gemeinsam gegen die Aliens anzutreten?
Emmerich: Ich habe das wirklich so empfunden, dass das heute in unserer zerrissenen und zersplitterten Zeit eine gute Message wäre. Es gibt zwar heutzutage keinen großen Konflikt mehr auf der Erde, aber viele kleine, so dass man sich nirgendwo sicher fühlt. Dem wollte ich etwas entgegenstellen, nämlich dass alle Menschen gegen einen Gegner kämpfen. Das war schon sehr überlegt von uns.
Da Sie ein inzwischen sehr erfahrener Blockbuster-Regisseur sind, wird Ihnen bestimmt oft angeboten, den nächsten Superhelden- oder "Star Wars"-Film zu inszenieren ...
Emmerich: Am Anfang meiner Karriere habe ich unheimlich viele Angebote bekommen. Aber heute weiß in Hollywood jeder, dass ich nur meine eigenen Sachen mache. Sie haben es aufgegeben, mich zu fragen. Wenn man immer Nein sagt, bekommt man irgendwann auch nichts mehr zugeschickt. Mich würde es auch nicht reizen, weil ich finde, dass es in der Filmindustrie viel zu viele Sequels und Serien gibt. Das langweilt mich, muss ich ehrlich sagen.
Nun haben Sie mit "Independence Day 2" aber selbst eine Fortsetzung gedreht ...
Emmerich: Ja, aber es ist für mich das erste Mal, und ich habe mich wirklich darauf gefreut, viele der Schauspieler von damals wiederzutreffen. Als es dann passierte, wollte ich es immer nicht glauben und fragte Jeff Goldblum, ob er wirklich hier ist, oder ich nur träume. Es war seltsam, aber auch cool! Das war wie bei einem Klassentreffen nach 20 Jahren, wo man auch nicht glauben will, dass wieder alle zusammengekommen sind.
Wie hoch empfinden Sie den Druck, mit jedem neuen Film immer noch eine Schippe draufzulegen?
Emmerich: That's the Business in Hollywood! Was heißt Druck? Mir macht es ja Spaß, und ich fühle mich dabei immer frei, bin verspielt und begeisterungsfähig. Der Druck entsteht, nachdem der Film fertig ist und die erste Testvorführung bevorsteht.
Aber woher kommt Ihre Faszination, alles kaputt zu machen?
Emmerich: Das hat sich halt so entwickelt. Wenn man sich meine ersten Filme ansieht, findet man nicht viel an Zerstörung. Erst mit "Independence Day" wollte ich etwas Neues ausprobieren und sah mir etliche Katastrophenfilme an. Besonders "Flammendes Inferno" nahm ich mir zum Vorbild. Weil "Independence Day" dann so erfolgreich wurde, war es dann das, was Hollywood weiterhin von mir sehen wollte.
Ist das nicht frustrierend?
Emmerich: Irgendwie habe ich sie ja ausgetrickst, indem ich dann in Filmen wie "The Day After Tomorrow" und "2012" Themen wie Umweltschutz und Klimaerwärmung eingebaut habe. Sie fühlten sich zwar wie "Independence Day" an, haben aber eine Botschaft und enden nicht wirklich mit einem Happy End, wenn in "The Day After Tomorrow" eine Eiszeit ausbricht und in "2012" nur die Reichen überleben. In "Independence Day 2" verarbeite ich die heutige Flüchtlingsproblematik, wenn der Menschheit von freundlich gesinnten Aliens sogar Asyl angeboten wird.
Inzwischen haben Sie sich zu Ihrer Homosexualität bekannt und lassen in "Independence Day 2" sogar ein schwules Pärchen auftreten ...
Emmerich: Genau, Brent Spiner und sein Kollege sind im Film schwul! Ich habe immer damit gerechnet, dass mich das Studio fragen würde, ob das wirklich sein muss, aber das passierte nicht. Ich glaube, die hatten alle Angst, weil sie wissen, wie offen und direkt ich bin. Da hat man sich wohl gedacht, wir sprechen den Roland lieber nicht darauf an.
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