So spielte er Kapitän Haddock in Steven Spielbergs "Die Abenteuer von Tim und Struppi" (2011) oder den riesigen Affen in Peter Jacksons Remake von "King Kong" (2004). Jackson war es auch, der Serkis vor elf Jahren zu Ruhm verhalf, als er ihm die Rolle des Gollum in "Der Herr der Ringe" gab -- selbstverständlich als computeranimierte Figur. Der Brite lieferte damals eine so emotional tragende Performance ab, dass man fast eine neue Kategorie bei den Oscars einführen wollte. Da durfte Andy Serkis auch nicht fehlen, als sich Peter Jackson entschloss, Tolkiens "Der Herr der Ringe"-Vorwerk "Der Hobbit" zu verfilmen.
Wie haben Sie es empfunden, nach über zehn Jahren als Gollum in "Der Hobbit" zurückzukehren?
Andy Serkis: Es war großartig, vor allem, weil ich diesmal als Second-Unit-Regisseur dabei sein konnte. Peter Jackson hatte mich gefragt, ob ich mir das vorstellen könnte, worüber ich immer noch sehr glücklich bin. In 60 Tagen hatten wir all meine Szenen als Gollum bereits im Kasten, 200 Tage brauchten wir für die restlichen Szenen. Jetzt ist der erste Teil fertiggestellt, und zwei weitere werden noch folgen. Es ist also eine große Ehre für mich, wieder dabei zu sein.
Ist es Ihnen manchmal nicht zu viel, immer wieder Vorbild für computeranimierte Figuren zu sein?
Serkis: Nun, viele sehen mich seit Gollum als Spezialist für die Darstellung von computeranimierten Figuren, die mit Hilfe der Motion-Capture-Technik zum Leben erweckt werden. Sicherlich habe ich auch Peter Jacksons "King Kong" gespielt und übernahm in "Planet der Affen: Prevolution" die Rolle des Schimpansen Cäsar, trotzdem habe ich nie etwas anderes in mir gesehen als einen Schauspieler.
Aber irgendetwas muss Sie doch daran reizen?
Serkis: Ich vertraue dieser Technologie, ja, es macht mir sogar Spaß, damit zu spielen, aber im Grunde genommen sehe ich wirklich keinen Unterschied, ob ich nun eine reale oder eine computeranimierte Person verkörpere. Die heutige Technologie ist nur ein Werkzeug, dass dem Schauspieler dazu dient, seine Performance abzuliefern.
Der Unterschied ist jedoch, dass Sie als Gollum völlig anders aussehen als in Wirklichkeit . . .
Serkis: Das macht mir nichts aus, weil ich es sehr mag, mich auf der Leinwand zu sehen, ohne mich wiedererkennen zu können. Zumindest optisch, denn natürlich entdecke ich mich selbst, weil ich noch genau weiß, welche Emotionen ich in diese oder jene Szene transportieren musste und welche schauspielerischen Entscheidungen dafür notwendig waren. Ich kann mich damit absolut identifizieren, weil ich eigentlich nur ein digitales Make-up trage.
Ungefähr so, als würden Sie sich eine Gollum-Maske aufsetzen?
Serkis: Genauso muss man das sehen, denn jeder Schauspieler wird geschminkt. Auf herkömmliche Weise wird ihm das Make-up vor einer Szene aufgetragen, bei der Motion-Capture-Methode passiert es danach. Man darf auch nicht vergessen, dass ich als Gollum vor der Kamera tatsächlich mit den anderen Schauspielern interagiere. Zuerst wird das Material geschnitten, in dem ich noch als Andy Serkis im Motion-Capture-Anzug zu erkennen bin. Erst Monate später gehen die Szenen an die Abeilung für Visuelle Effekte, wo ich dann mein digitales Make-up am Computer verpasst bekomme.
Trotzdem gibt es viele Schauspieler, die das ablehnen oder sogar Angst davor haben . . .
Serkis: Was ich sehr schade finde, weil diese Technologie ein so wunderbares und befreiendes Instrument für einen Schauspieler sein kann. Man hat dadurch die Chance, viele interessante Charaktere darzustellen, die man physisch ansonsten gar nicht so ausfüllen könnte - nicht mal mit Kostümen und Maske. Mag sein, dass das nichts für jeden Schauspieler ist, aber wer sich weiterbildet, auf dem Laufenden bleiben will und sich gern der Herausforderung stellt, auch mal andere Figuren und Welten entdecken zu können, kommt nicht um die neue Technik herum und sollte sich mindestens mal damit auseinandergesetzt haben.
Sehen Sie darin die Zukunft der Schauspielkunst?
Serkis: Ich glaube zumindest, dass die Motion-Capture-Performance in mehr und mehr Filmen Einzug halten wird. Ich gehe sogar noch weiter und sage, dass Schauspieler in den nächsten 20 bis 30 Jahren vermehrt auch bei Computerspielen mitmachen werden. Motion Capture steht noch eine spannende Entwicklung bevor.
Hätten Sie es auch ohne Gollum so weit gebracht?
Serkis: Manchmal frage ich mich schon, was aus mir geworden wäre, hätte es diese Entwicklung nicht gegeben. Gewiss wäre ich ein Schauspieler wie Lon Chaney, Alec Guinness oder Peter Sellers geworden, die alle eine wahre Freude daran hatten, mit Make-up und Masken herumzuexperimentieren.
Die Karriere von Andy Serkis
Andrew C.G. Serkis wurde am 20. April 1964 im englischen Ruislip Manor geboren. Nach dem Studium spielte er Theater, ab 1994 bekam er kleine Film- und TV-Rollen. Der Wahl-Londoner arbeitet auch als Regisseur.
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