Region. Herzlichen Glückwunsch, gerade stehen drei Songs an denen du mitgearbeitet hast in den Top-10 der Billboard-Charts! Was war das erste, das du gemacht hast, als du von dem Erfolg erfahren hast?
Dom Rivinius: Ich habe direkt 10 Minuten nach Release “Midnights” auf Spotify laufen lassen, um mich davon zu überzeugen, ob das alles wirklich so passiert ist (lacht). Bereits beim ersten Titel "Lavender Haze" hab ich dann meine Drums gehört und hab ein sehr breites Grinsen auf meinem Gesicht gespürt.
Wie kam es zu deiner Mitarbeit am neuen Taylor Swift-Album?
Dom Rivinius: Mein guter Freund und Mentor Ken Lewis, der seit drei Jahrzehnten an einigen der größten Songs und Alben der Musikgeschichte arbeitet, hat den Anruf von Jack Antonoff (dem Produzenten von Taylor’s Album) erhalten, und da ich Teil seines Teams bin, bin ich dadurch in das Projekt gerutscht und habe dann für "Lavender Haze" den Snare-Part und für "Question…?" und "Vigilante Shit" die Drums eingespielt.
Ahntest Du da schon, dass es dermaßen einschlagen wird?
Dom Rivinius: Nein, auf keinen Fall. Ich wusste ja erst nach dem Hören des Albums, dass es tatsächlich Taylor Swift war, für die wir gearbeitet haben. Klar, sie ist einer der größten Superstars, die wir aktuell auf der Welt haben, und sie ist ein absolutes Genie. Trotzdem ist der Erfolg des Albums in diesem Ausmaß absolut unerwartet. Immerhin gibt es auch andere Acts, die ein vergleichbares Level an Bekanntheit haben und ebenfalls in diesem Jahr Alben rausgebracht haben. Trotzdem hat bisher noch niemand diese Rekorde aufgestellt - außer eben nun Taylor Swift.
Dom Rivinius
Dominik „Dom“ Rivinius wurde am 12. Februar 1990 im saarländischen Saarlouis geboren.
Nachdem er von 2010 bis 2012 die Hochschule für Musik Saarbrücken besucht, machte sich Rivinius selbstständig. Eine Bewerbung an der Popakademie in Mannheim wurde abgelehnt. Geschadet hat es der Karriere nicht.
Im Oktober 2020 wirkte Rivinius in einem Team an dem Stück „Alfred’s Theme“ mit, das auf dem im Dezember 2020 erschienenen Album „Music to Be Murdered By – Side B“ des US-Rapstars Eminem zu hören ist. Rivinius steuerte hierfür das Sample im Hintergrund bei.
Zuvor hatte Rivinius bereits mit der südkoreanischen Boyband BTS zusammengearbeitet.
afs
Du warst in letzter Zeit an einigen erfolgreichen Alben beteiligt. Was war dein persönlicher Kracher
Dom Rivinius: Dieses Jahr war das große Highlight Taylor Swift. In 2021 war ich beim Album von Alicia Keys beteiligt, und in 2020 bei Eminem. Im Prinzip sind die großen Welt-Produktionen bei mir also sehr schön verteilt. Und diese Projekte haben alle ihren ganz eigenen Reiz. Wenn du an Eminem arbeitest, weißt du, dass du gerade für den größten Rapper der Geschichte arbeitest. Bei Taylor ist es nun der unfassbare Erdrutsch-Erfolg des Albums. Bei Alicia Keys im letzten Jahr war die Besonderheit, dass ich an sechs Songs des Albums in ganz unterschiedlichen Rollen beteiligt war. Es gibt also wirklich bei jedem einzelnen Album sehr viele spannende Aspekte. Und ich bin schon gespannt, was in den kommenden Monaten noch alles passieren wird. Ich bin hinter den Kulissen gewaltig am Ackern, und da werden sich demnächst sicher noch einige aufregende Projekte anbahnen.
Was wird uns das kommende Jahr musikalisch bescheren?
Dom Rivinius: Mein persönlicher Fokus liegt ganz klar auf der K-Pop Branche wo ich gerade ganz verstärkt aktiv werde und als Produzent und Writer versuche, einige Hebel in Bewegung zu setzen. Parallel geht es natürlich auch auf dem US-Markt im Mainstream Pop/R&B Bereich weiter. Wie es generell mit den Musiktrends im kommenden Jahr aussieht, ist aktuell sehr schwer zu sagen. Ich habe den Eindruck, dass K-Pop noch mehr Bereiche der US-Popwelt inspirieren wird und auch als eigenes Genre noch weiter an Popularität gewinnt. Und daneben glaube ich, dass die Pop-Welt wieder etwas gitarrenlastiger wird. Das merkt man jetzt schon in der Renaissance des Pop-Punk (was man damals Emo nannte), und in der Tatsache, dass einige Pop-Acts sich etwas rockiger orientieren in letzter Zeit (etwa Demi Lovato mit ihrem aktuellen Album).
Sind Prognosen überhaupt noch machbar durch die ständigen Drops? Oder hast du als Produzent da einen anderen Überblick?
Dom Rivinius: Als Produzent ist es Teil meiner Arbeit, permanent darauf ausgerichtet zu sein, was gerade der Trend ist und welche Ästhetik gerade vorherrscht. Dadurch habe ich dann natürlich zumindest immer das Ohr auf der Straße und bin früh informiert, was gerade passiert. Und auch mein Fokus auf die US-Branche ist da hilfreich, da dort und in UK in der Regel die Trends entstehen, bevor sie dann in Deutschland und vielen anderen Ländern mit etwa sechs bis neun Monaten Verzögerung ankommen. Langfristig absehen lässt sich das alles aber ganz schwer, und von heute auf morgen kann ein Künstler auftauchen, der wie Billie Eilish in 2018 plötzlich den kompletten Trend verändert und für die kommenden zwölf Monate definiert.
Produzenten treten langsam aus ihrem Schattendasein ins Rampenlicht. Woher kommt der Wandel
Dom Rivinius: Das ist tatsächlich eine gute Frage. Ich glaube, dass Produzenten sich grundsätzlich eher als Personen im Hintergrund betrachten und nicht als diejenigen im Rampenlicht. Die DJ-Kultur hat da aber ein etwas anderes Bewusstsein geschaffen, da durch diese Ära auch Produzenten eine Bühne hatten. Viele Producer haben dann als DJs ihre eigene Musik als Artist auf Festivals und in Clubs selbst performt, und konnten daher mehr Aufmerksamkeit für den Produktions-Bereich erzielen. Der andere Part, der definitiv eine große Rolle spielt, ist die Entwicklung von Social Media. Dass man heute eben auch als Producer hohe Bekanntheit erzielen kann, indem man das Social-Media-Game gut beherrscht und kreativ nutzt. Und dadurch machen sich einige Produzenten nun einen Namen und bauen ein Image auf, das dem eines normalen Artists gleicht, bloß eben einen etwas anderen Fokus hat.
Muss man als Produzent die Musik, die man produziert auch automatisch mögen?
Dom Rivinius: Für mich ist das ein absolutes Muss! Und der Grund dafür ist einfach: Ich kann dir natürlich auch Songs produzieren, die mir eigentlich nicht zusagen, und das Ergebnis wird da auch nicht automatisch weniger gut. Aber was darunter leidet ist meine eigene Arbeitsfreude. Und die brauche ich, um langfristig bei jedem Projekt 110 Prozent geben zu können. Wenn du lange Zeit immer nur an Projekten arbeitest, die du eigentlich gar nicht magst, dann kannst du nicht inspiriert genug sein und die notwendige innere Dynamik entwickeln, die Projekte auf Top-Niveau benötigen. Wenn du das, was du tust, nicht magst, aber auf einem Taylor Swift-Level arbeiten willst, dann wirfst du nach kurzer Zeit das Handtuch, weil dem Druck und den hohen Erwartungen keine ausgleichende innere Kraft entgegensteht. Und dann brennst du aus und hältst den Anforderungen einfach nicht lange stand.
Zahlen, bitte
Midnights heißt das zehnte Studioalbum der US-amerikanischen Sängerin Taylor Swift, das am 21. Oktober 2022 erschienen ist.
Als erste Künstlerin überhaupt belegte sie mit diesem Album die ersten zehn Plätze der US-amerikanischen Billboard-Charts. Vorher war nur der kanadische Rapper Drake erfolgreicher - er kam aber nur auf neun Plätze.
Mit "Midnights" hatte Swift zuvor auch zwei neue Spotify-Rekord aufgestellt. Das Album wurde innerhalb eines Tages öfter gestreamt als jedes Album zuvor, wie Spotify mitteilte. Außerdem sei die Sängerin damit zum am meisten gestreamten Künstler innerhalb eines Tages in der Geschichte des Dienstes geworden.
Der aus dem Saarland stammende Dom Rivinius hatte bei drei Tracks seine Finger im Spiel: Er hat Drums bei "Question…?" und "Vigilante Shit" sowie die Snare bei "Lavender Haze" eingespielt. (afs)
Es gibt die romantische Vorstellung, dass bei einer Albumproduktion alle zusammen im Studio hängen und jammen. Gibst du uns einen Einblick in die Realität?
Dom Rivinius: Die Realität ist von Produktion zu Produktion völlig unterschiedlich. Es kommt auch immer darauf an, welche Rolle man spielt, wie eng die Deadlines sind und so weiter. Eine Album-Produktion durchläuft ja mehrere Phasen. Zu Beginn steht erst mal das Songwriting, und da ist es durchaus immer noch häufig so, dass die Haupt-Akteure (also die Writer, Produzenten und die Künstler selbst) in einem Raum sind und an den Songs arbeiten. Nach dieser Phase ist es dann aber individuell. Entscheidend ist immer die Frage, was gerade gebraucht wird, um jeden einzelnen Song zu einem fertigen Meisterwerk zu machen. Und manchmal erfordert das Geschwindigkeit, sodass die Akteure im eigenen Studio die Arbeit machen. Manchmal erfordert es auch die persönliche Präsenz. Da gibt es keine Blaupausen und Regeln.
Unterschiede von LA zu deiner Heimat gibt es bestimmt viele, klar. Aber andersrum, gibt es irgendwelche Gemeinsamkeiten zu deiner alten musikalischen Heimat Mannheim?
Dom Rivinius: Das ist eine gute Frage. Es stimmt, dass die Musikbranche in LA und in Deutschland sehr verschieden sind. Was man aber als Gemeinsamkeit betrachten könnte ist die Herangehensweise der vielen Independent Artists, also der Artists, die ohne großes Label versuchen, ihre Karriere aufzubauen und durchzubrechen. Die Herangehensweise und Strategien sind da sehr ähnlich, auch wenn ich tendenziell sagen würde, dass in LA und im US-Markt generell eine andere Arbeits-Ethik herrscht. Das ganze Umfeld dort begünstigt einfach ein "Höher-Schneller-Weiter", was dir beim Aufbau einer Karriere in der Musikwelt definitiv in die Karten spielt. Mannheim hat als Standort innerhalb von Deutschland aber auch eine starke Stellung durch die Popakademie und Institutionen wie das Pop-Büro. Dadurch entsteht eine sehr aktive Musikszene, die sich eben nicht nur mit Live-Musik, sondern auch mit umfassendem Künstleraufbau beschäftigt. Neben Hamburg und Berlin ist da Mannheim definitiv der beste Standort, um in Deutschland seine musikalische Karriere zu starten.
Noch eine letzte Frage: Du arbeitest nicht zufällig am neuen Rihanna-Album?
Dom Rivinius: Wenn es so wäre, könnte ich dazu nichts sagen (lacht).
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