Serie „Mannheims Helden“ (mit Video)

Ratten und Hornissen: Unterwegs mit einem Mannheimer Kammerjäger

Ihn wollen wir eigentlich nicht in der Wohnung haben – zumindest nicht beruflich. Christian ist Schädlingsbekämpfer in Mannheim. Wir haben ihn einen Tag begleitet.

Von 
Jakob Walter
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Auch Asiatische Hornissen bekämpft der Mannheimer Schädlingsbekämpfer Christian. © Max Horst/Malix

Mannheim. Der Geruch ist mehr als unangenehm. Wonach es genau riecht? Unklar. Ein Umstand, der die Erfahrung nicht gerade erträglicher macht. „Ja, in dem Keller braucht man eine starke Nase“, sagt auch Christian Kern-Hügli, als er eine tote Schabe zwischen Daumen und Zeigefinger hochhält.

Wir befinden uns in einem Keller in der Mannheimer Innenstadt. Christian ist gelernter Schädlingsbekämpfer und soll sich dort um einen möglichen Schabenbefall kümmern. Die Räumlichkeiten sind unordentlich, Müll liegt überall herum, das Licht ist kühl. Am Boden liegen tote Schaben.

„Ein Schädlingsbekämpfer kommt immer zu spät“, sagt Christian und macht sich lächelnd an die Arbeit. Sein schmutziger „Arbeitsplatz“ stört ihn nicht. „Man muss sich darauf einlassen“, erklärt er und bringt ein spezielles Gel zur Bekämpfung der Tiere an den Fußleisten an.

Mannheimer Schädlingsbekämpfer Christian muss immer wissen, was zu tun ist

Fast beiläufig erzählt er, was es über Schaben zu wissen gibt: „Sie sind kannibalistisch veranlagt. Das heißt, sie fressen das Insektizid, sterben und die anderen fressen die toten Schaben und sterben dann auch.“ Flexibel sein, die Situation so nehmen, wie sie kommt und bei jeder Thematik genau wissen, was zu tun ist – ich merke schnell, worauf es bei der Schädlingsbekämpfung ankommt.

Hinter dieser Expertise steckt in der Regel eine dreijährige duale Ausbildung, die neben den Fachkenntnissen auch biologische, chemische und mathematische Kenntnisse miteinander vereint. Diese Bandbreite ist laut Deutschem Schädlingsbekämpfer Verband wichtig, um Verhaltensweisen, Schadbilder sowie auch Dosier-, Flächen- und Raumberechnungen richtig zu erkennen. In Deutschland gibt es etwa 7000 ausgebildete Schädlingsbekämpfer.

Da blutet das Herz. Da möchte ich einfach schnellstmöglich einen Weg finden, um zu helfen.
Christian Kern-Hügli Schädlingsbekämpfer

Christian selbst war ursprünglich im Einzelhandel tätig und hat dann – auch um durch geregelte Arbeitszeiten mehr Zeit mit der Familie verbringen zu können – ein 14-monatiges Fernstudium absolviert. Nicht nur die Familie war ausschlaggebend. Auch Christians selbst diagnostiziertes Helfersyndrom kann er in seinem Beruf ausüben. „Stell dir vor, du gehst zu jemandem nach Hause und die haben Bettwanzen und zwei Kinder. Da blutete das Herz. Da möchte ich einfach schnellstmöglich den Weg finden, um zu helfen. Das ist das Schöne an dem Job.“

Auch die Asiatische Hornisse wird vom Mannheimer Kammerjäger Christian bekämpft

Schnellstmöglich helfen – das kommt auch beim nächsten Einsatz an diesem Tag zum Tragen. Es geht um die invasive Art, die in aller Munde ist: die Asiatische Hornisse. Eine Studentin in der Mannheimer Innenstadt hat vor einigen Tagen ein Nest auf ihrem Balkon entdeckt. Fußball-groß prangt es an der Überdachung. Es herrscht reger Flugbetrieb. Bevor es für Christian Ernst wird, klärt er auf.

YouTube-Serie „Mannheims Helden“



  • In unserer Video-Serie „Mannheims Helden“ auf unserem YouTube-Kanal stellen wir Menschen aus Mannheim vor, die sich in ihrem Job oder Ehrenamt für das Allgemeinwohl der Stadt einsetzen.
  • Wir wollen wissen, was sie an einem ganz normalen Arbeitstag erleben und warum sie sich für diesen Beruf entschieden haben.
  • In Folge acht begleiten wir Christian Kern-Hügli . Der gelernte Schädlingsbekämpfer arbeitet bei der Mannheimer Firma Auler und Haubrich und lebt in seinem Job sein selbst diagnostiziertes Helfersyndrom aus.
  • In unserer knapp elfminütigen Video-Reportage auf YouTube zeigen wir, welche Aufgaben Christian erledigen muss und wie er mit moralischen Gewissensbissen umgeht. jaw

„Die Asiatische Hornisse ist eine invasive Art und eine Bedrohung für unser Ökosystem, da sie unsere heimische Biene tötet“, sagt der Schädlingsbekämpfer. Anfang der 2000er wurde die Hornisse nach Europa eingeschleppt. Laut Naturschutzbund (NABU) ist die Einwanderung unumkehrbar. Die EU hat die Hornisse 2018 als invasive Art eingestuft. Jedes Mitgliedsland muss daher Maßnahmen zur Bekämpfung umsetzen.

Schädlingsbekämpfer Christian Kern-Hügli dokumentiert seine Arbeitsschritte. © Max Horst/Malix

Christian – eingepackt in einen Schutzanzug – sprüht ein Aerosol in das fünfstöckige Nest, welches das Nervensystem der Hornissen überreizt und sie so tötet. Bei all der Expertise, den Erklärungen und nüchternen Analysen bleibt ein komisches Gefühl als die Tiere vom Himmel fallen und sich teilweise am Boden wenden und krümmen. Am Ende des Tages bringt Christian Lebewesen um. Hat er ethisch-moralische Gewissensbisse?

Lässt sich Schädlingsbekämpfung moralisch vertreten?

So ruhig und gelassen Christian eben noch der Studentin seine Vorgehensweise erklärt hat, spricht er auch mit mir über dieses Thema und weiß ganz genau, welche Kehrseite die Medaille „Schädlingsbekämpfung“ hat. „Man weiß, wie man es am effizientesten macht, ohne, dass das Tier leiden muss“, sagt Christian. Dennoch sei die Thematik nicht immer einfach für ihn als Schädlingsbekämpfer. „Ich weiß, dass ich meine Arbeit gewissenhaft und richtig mache und dahingehend ist das für mich vertretbar.“

Den Job gewissenhaft und richtig machen. Diesen Eindruck habe ich nach meinem Tag mit Christian auch, der ereignis- und abwechslungsreicher nicht hätte sein können. Doch einige Fragen bleiben am Ende noch. Welche Schädlinge muss Christian am häufigsten bekämpfen? Was war das außergewöhnlichste, was er in seinem Beruf bisher erlebt hat? Und was ist das A und O in der Schädlingsbekämpfung? Diese Frage klären sich in der neusten Folge unserer YouTube-Serie „Mannheims Helden“.

Redaktion Online-Redakteur, zuständig für redaktionelle Videos

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