Gesellschaft

Nicole El Salamoni aus Mannheim zeichnet Mental Load als Cartoons

Kindergeburtstag, Arzttermine, Schulbrote: Die unendlichen To-Do-Listen der Familie bewältigen oft Mütter. Eine Mannheimer Illustratorin zeichnet dagegen an.

Von 
Lea Seethaler
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Frauen gefangen in der Mental Load-Hölle: Nicole El Salamoni aus Mannheim zeigt die Problematik mit Zeichnungen. © Nicole El Salamoni/Carlsen Verlag

Mannheim. Illustratorin Nicole El Salamoni aus der Neckarstadt hat mit „Ich hab ja sonst keine Hobbys!“ ein Buch über Mental Load geschrieben. Mental Load (deutsch: Mitdenkarbeit) bezeichnet unbezahlte gedankliche Sorgearbeit, die Frauen zu Hause leisten.

Die Idee zum Buch entstand bei einem Frauenabend, bei dem sie mit Freundinnen über Aufgaben sprach, die sie im Kopf haben müssen. El Salamoni erklärt: „Wir fanden es lustig, aber der Humor blieb uns ein bisschen im Hals stecken. Wir denken für mehrere Personen mit rund um den Haushalt.“

Mental Load: Was wird gekocht? Wer bringt Opa zum Arzt?

Etwa: „Was soll gekocht werden, mag das jeder, ist alles im Haus, was muss gekauft werden“, sagt sie. „Und wenn Kinder im Spiel sind: ,Was soll geschenkt werden, beteiligt sich jemand am Geschenk, wer treibt das Geld ein, wer bringt die Kinder zum Geburtstag?‘“

Aber auch rund um die Pflegearbeit für Eltern: „Wie kommen sie zum Arzt, nehmen sie ihre Medikamente, wir machen das Update für ihr Handy“, erklärt El Salamoni. Und schließlich lauert auch bei der Arbeit für Frauen noch weitere unbezahlte Sorgearbeit: „Hat jemand an das Abschiedsgeschenk für den Kollegen gedacht, wer besorgt es, wer schreibt eine Karte, wer stellt Sekt kalt?“

Nicole El Salamoni aus der Mannheimer Neckarstadt geht dem Mental Load mit ihren Zeichnungen an den Kragen. © Privat

El Salamoni weiß: Mental Load fühlt sich nicht an wie ,wirkliche‘ Arbeit. Sie sagt: „Durch Homeoffice und Homeschooling während der Corona-Pandemie ist aber der Anteil an Gesamtorganisation, den Frauen tragen, nachgewiesen stark erhöht worden – auch meiner.“

Viele Studien und Befragungen unter Familien zeigen derweil die Thematik „Mental Load“ deutlich. Auch die Hans Böckler Stiftung stellte jüngst in einer Studie fest: „Selbst, wenn Frauen in Vollzeit arbeiten, tragen sie die Hauptlast der kognitiven Arbeit. Dies korrespondiert mit Studien, die zeigen, dass Frauen den Löwenanteil der unbezahlten Arbeit im Haushalt übernehmen – ungeachtet ihres Erwerbsumfangs.“

Mental Load: Familien helfen bunte Fragebögen

Das ernste Problem transportiert die Illustratorin im Buch humorvoll und kreativ. Neben bunten Zeichnungen sind etwa Listen zum Ausfüllen und Ankreuzen für Paare enthalten: „Wer macht XY? Ist das fair? Ja X Nein X.“ In ihrem Buch gibt es gute Anleitungen, wie es zu Hause fairer wird.

„Das Buch wird gut aufgenommen“, sagt El Salamoni. Ein Mann, der es für seine Frau kaufte, erzählte ihr danach: „Da ich meiner Frau immer möglichst viel Freiraum geben möchte, sag‘ ich ,wir machen das, wie du denkst‘. Oder sie soll sich doch aussuchen, wohin wir in den Urlaub fahren oder was wir kochen“, beschrieb er.

Er sagte: „Mir war nicht bewusst, dass hier Mental Load anfängt. Und ich weiß jetzt auch, dass ich meine Frau unterstützen kann, indem ich ihr Entscheidungen abnehme und nicht einfach auf eine To-Do-Liste von ihr warte, die ich abarbeiten kann.“

So unterschiedlich kann Familienalltag aussehen. © Nicole El Salamoni/Carlsen Verlag

Als Illustratorin zeichnet El Salamoni seit ihrer Kindheit. Nach dem Kommunikationsdesign-Studium und Arbeit in ihrer eigenen Werbeagentur konzentriert sie sich aktuell auf Illustrationen.

Gerade arbeitet sie an weiteren Buchprojekten, darunter eines über Alkohol und eine Graphic-Novelle. Auf ihrem Instagram Account @hello_nikki_hello gibt sie Einblick in ihre Arbeit.

Wie kam sie zum Zeichnen? „Hört sich nach einem Klischee an, aber wie bei vielen Illustratorinnen zeichne ich wirklich schon, seit ich denken kann.

Ich zeichne immer: im Urlaub, in der Bahn, im Wartezimmer, vor dem einschlafen.“ Sie sagt: „Die Leidenschaft dafür ist nie weniger geworden.“

Mental Load soll anerkannt und gewürdigt werden

Und wie würde sie ihren Zeichenstil beschreiben? „Meistens lustig, stets überraschend, ein bisschen dirty, von Po- zu Kuchenbacken“, sagt Salamoni. Und wo kann sie am besten zeichnen? „Im Urlaub, am Strand, wenn ich Leute beobachte und Gesprächsfetzen aufsammeln kann“, so die Künstlerin.

Zur gesellschaftlichen Veränderung meint sie: „Mental Load muss als wichtige Arbeit - neben Carearbeit und Erwerbsarbeit - gesehen, anerkannt und gewürdigt werden.“ Notwendig sei es, Verantwortung zu teilen.

Sie warnt: „Weil wer zu viel Mental Load trägt, kann krank werden - sogar bis zum Burnout.“ El Salamoni schlägt vor: „Am hilfreichsten ist ein wöchentliches Familien-Organisations-Gespräch. Dabei ist es wichtig, dass die verantwortliche Person eine Aufgabe komplett übernimmt und nicht wieder Teilaufgaben auf den anderen zurückschiebt.“

Man muss sich aufeinander verlassen können, findet El Salamoni. „Das funktioniert nur mit Kommunikation und Absprachen. Und das macht Partnerschaft aus.“

Das Buch ist für 15 Euro beim Buchhändler oder Onlinehandel wie etwa direkt beim Carlsen Verlag erhältlich.

Redaktion Redakteurin und Online-Koordinatorin der Mannheimer Lokalredaktion

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