Kirchheimbolanden. Enkel Wilhelm schwört darauf. Klar hat er am Morgen schon das Müsli mit dem Namen „Diospi-Granola“ mit Genuss verdrückt. Das Müsli der Oma schmeckt aber nicht nur gut, es hilft zudem Menschen im südamerikanischen Peru. Die 60-jährige Christine Fleck hat in der Herstellung dieses Müslis ihre Lebensaufgabe gefunden. „Ich wollte immer etwas Nützliches tun. Dafür habe ich gebetet. Gott hat meine Gebete erhört und mich dorthin gebracht. Er entscheidet über meine Kraft, und er gibt mir Kraft“, sagt Fleck aus tiefster christlicher Überzeugung. Ihre ganze Kraft schenkt sie seit 13 Jahren dem Krankenhaus „Diospi Suyana“, welches in einer Höhe von rund 2600 Metern in den peruanischen Anden liegt. „Diospi Suyana“ entstammt der Quechua-Sprache und bedeutet „Wir vertrauen auf Gott“. Fleck stellt sich einfach in die Backstube in Kirchheimbolanden, wo sie seit 2001 mit ihrem Mann Horst Fleck lebt, und produziert eine Tüte nach der anderen.
Klein angefangen
Klein habe die gebürtige Leutershausenerin angefangen. Zwischenzeitlich steht sie zweimal pro Woche in der Backstube, um ihr Müsli herzustellen. Ihr Ursprungsrezept entnahm sie einem „Brot für die Welt“-Kochbuch, welches sie in den Jahren immer weiter verfeinerte. Mittlerweile hat sie 25 000 Granola-Tüten verpackt und verkauft. 100 000 Euro sind so zusammengekommen. Denn die Flecks steuern auch den Wareneinsatz von zwei Euro selbst bei. Alles Geld, das dem Krankenhaus-Projekt zugutekommt, berichtet sie voller Stolz und Bescheidenheit. Zu den Zutaten zählen übrigens Dinkel, Hafer, Honig, Mandeln, Sesam und Sonnenblumenkerne.
Fleck gehört einer bekannten Familie in Leutershausen an. Ihr verstorbener Vater Ernst Bock war als erfolgreicher Unternehmer, als geschätzter Ansprechpartner und als aktiver Vereinsmensch beliebt. 2001 zog die gelernte Krankenschwester mit ihrem Mann Horst – bis 2019 Chef der Unfallchirurgie und Orthopädie am Westpfalz-Klinikum – nach „Kibo“ (Kirchheimbolanden in der Pfalz). Christine und ihr Mann lernten dort den Charismatiker und Visionär Klaus-Dieter John sowie dessen Frau Martina John kennen. Schon in der Jugendzeit hatte das Ehepaar John den Wunsch, als Mediziner das menschliche Leid der Dritten Welt zu lindern. Als überzeugte Christen fühlen sie sich bis heute besonders den Ärmsten gegenüber verpflichtet.
Und so gründete das Ehepaar im August 2002 die karitative Vereinigung Diospi Suyana. Daraus entstand auch der Bau des Krankenhauses, welches am 31. August 2007 eingeweiht wurde, und in dem seither rund 400 000 Menschen behandelt wurden. Als die Flecks von diesem Projekt hörten, ließ es sie nicht mehr los. „Beides sind überzeugte Christen und leben ihre Glauben. Sie sind nicht nur Mediziner, sondern bringen den Menschen auch die Liebe Gottes“, nennt Christine Fleck ihr Motiv, Bestandteil dieses „Glaubenswerks“ zu werden.
Herstellung seit 35 Jahren
Die Flecks reisten sogar selbst in die Anden, um zwei Monate im Krankenhaus im Distrikt Curahuasi zu arbeiten. Sie als Krankenschwester mit Spanisch-Kenntnissen und ihr Mann Horst als Orthopäde und Unfallchirurg wurden dort gebraucht. Wieder zurück in „Kibo“ dachte sie darüber nach, wie sie sich weiter einbringen könnte.
Seit 35 Jahren stellte sie ihr eigenes Müsli her. Sie verschenkte es an Familienmitglieder oder an Freunde und Bekannte. Doch jetzt waren größere Mengen angesagt. Da ihre vier Töchter „schon groß waren“ und die Familie sie nicht mehr so stark einspannte, konnte sie sich erleichtert auf ihre neue Aufgabe konzentrieren. Als Frau, die gerne „Action“ mag, war dies genau das Richtige. Es ging schnell voran, und die Nachfrage nach ihrem Müsli wuchs. „In unserer Küche ging dies aber nicht mehr“, erzählt Christine Fleck, die immer wieder an die Bergstraße in ihre Heimat kommt, um ihre Schwestern Traudel Well und Marlies Krabbe sowie Mutter Margarete mit den Enkeln zu besuchen.
Ihr „Fleck-Sozialprojekt“ stand wohl unter einem guten Stern. Denn ein Landwirt schenkte ihr Dinkel, und der Donnersbäcker-Chef Willi Brand bot ihr seine Backstube an, wo sie jetzt ein- und ausgeht. Mittlerweile steht sie zweimal in der Woche in der Backstube, um ihr besonderes Müsli zu produzieren. 250 Päckchen packt sie im Monat. „Ich mache einfach weiter. Das packe ich, ich weiß ja, wie viel Kraft es mir gibt“, sagt sie voller innerer Zufriedenheit.
Weiter in der Backstube
Dass ihre Spenden benötigt werden, zeigt die Geschichte des Projekts. 2007 wurde das Krankenhaus eingeweiht, 2014 kam eine Schule, die rund 700 Kindern Platz bietet, dazu. Ferner gibt es seit 2018 ein Medienzentrum. Augen- und Zahnklinik sind ebenfalls vorhanden. Und dem Ärzteehepaar John fällt bestimmt etwas Neues ein, um den Quechua-Indianern in Peru ein besseres Leben und vor allem Hoffnung zu bieten. Da ist die Leutershausenerin völlig sicher und stellt sich auch in Zukunft in die Backstube.
Das Müsli „Diospi-Granola“ gibt es übrigens bei Raumausstattung Bock und beim Obsthof Volk in Leutershausen sowie im Café der Baumschule Huben in Ladenburg. Das Müsli kann auch bei Christine Fleck per E-Mail kontakt@diospi-granola.de bestellt werden.
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