Tag der offenen Tür

So arbeitet die solidarische Landwirtschaft Mannheim-Süd

Frische Tomaten, Paprika und Kräuter: Beim Tag der offenen Tür hat die Solidarische Landwirtschaft Mannheim-Süd (Solawi) interessierten Besuchern und Besucherinnen vorgestellt, wie auf dem Hof auf der Rheinau gearbeitet wird

Von 
Bernhard Haas
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Landwirt Michael Scherer erläutert den Besuchern das Prinzip der solidarischen Landwirtschaft. © Bernhard Haas

Mannheim. Jede Woche eine unverpackte Kiste mit Kräutern und Gemüse geliefert bekommen - das ist das Ziel der solidarischen Landwirtschaft Mannheim-Süd (Solawi). Das reicht dann von Tomaten, Paprika oder Kohl bis hin zu Basilikum, Petersilie, Schnittlauch und Dill. Beim Tag der offenen Tür konnten nun viele Besucher erleben, wie in dieser kleinbäuerlichen Art der Landwirtschaft gearbeitet wird.

„Erstaunlich ist, wie viele Menschen sich dafür interessieren, wie hier gewirtschaftet wird“, sagte Solawi-Mitglied Ulrich Wittekind. Er zückte sein Handy und fotografierte die lange Schlange an Autos, die vor dem Eingang zu den Gärten des Betriebs auf der Rheinau parkten.

Schon vor der Begrüßung hatten sich die ersten Gäste eingefunden, um sich zu informieren. Christiane Jungfleisch und Christoph Brake kamen zum ersten Mal hierher. „Wir finden die Idee toll, wie das hier gemacht wird“, erzählen die beiden. „Sowohl der Landwirt als auch die Mitglieder haben einen Vorteil von dieser Art der Bewirtschaftung.“ Sie seien dabei zu überlegen, ob sie nicht Mitglied werden wollen, betonten sie.

Gerda und Peter Kreis dagegen stellten fest: „Unsere Tochter ist hier dabei und bekommt jede Woche eine Lieferung. Wir beide sind jetzt aber zu alt, um hier mitzumachen.“ Seit vielen Jahren hätten sie einen Garten zwischen den Bahngleisen in Rheinau bewirtschaftet. Den hätten sie schon damals biologisch unterhalten. Nun sei das im Trend. „Also haben wir schon früher alles richtig gemacht“, freuten sich die beiden.

Landwirt Michael Scherer versammelte unterdessen interessierte Besucher um sich, erklärte diesen die Bedeutung der kleinbäuerlichen Landwirtschaft und führte sie auch über das Anwesen und die Gärten. Der Betrieb sei eigentlich zu klein, um im Wettbewerb mithalten zu können. Der Vorteil aber sei, wie Scherer erklärte, dass er Produktionssicherheit habe: Denn alle hergestellte Ware werde abgenommen. Die Betriebskosten würden auf alle eben „solidarisch“ verteilt.

Der Betrieb bewirtschaftet rund zwei Hektar Land

„Wir können mit unserer derzeitigen Fläche noch rund 20 Mitglieder aufnehmen, um an unsere Abholstationen in Neckarau, Turley, Friedrichsfeld, Wallstadt, Oftersheim und demnächst nach Ketsch jede Woche zu liefern“, sagte er. Außerdem gebe es noch „Hofabholer“, die ihre Produkte direkt nach dem Füllen der Gemüsekisten mit nach Hause nehmen würden. Rund zwei Hektar Land bewirtschafte der Betrieb, so Scherer.

Hinzu kämen noch Flächen in der Umgebung, auf denen vor allem Obst angebaut werde. Er gebe die Hoffnung nicht auf, auch direkt angrenzende Flächen in Zukunft ökologisch bewirtschaften zu können. Gespräche würden geführt, aber Vereinbarungen seien noch keine getroffen.

Das ist Solidarische Landwirtschaft - und so kann man teilnehmen

Laut "Netzwerk Solidarische Landwirtschaft" tragen in der Solidarischen Landwirtschaft (Solawi) mehrere private Haushalte die Kosten eines landwirtschaftlichen Betriebs, wofür sie im Gegenzug dessen Ernteertrag erhalten. Durch den persönlichen Bezug zueinander erfahren sowohl die Erzeuger als auch die Verbraucher die vielfältigen Vorteile einer nicht-industriellen, marktunabhängigen Landwirtschaft.

Wer Mitglied der Solawi Mannheim Süd und Teil der Gemeinschaft werden möchte, hat zwei Möglichkeiten:

Anteilnehmer:

Anteilnehmer tragen den Hof durch Ihren Unterstützungssbeitrag und beziehen einen Teil der Ernte. Der Ernteanteil setzt sich aus unseren Produkten Gemüse, Obst, Eier und Honig in ihrer saisonalen Verfügbarkeit sowie unseren Einmachprodukten  zusammen. Bei anstehenden Entscheidungen sind Anteilnehmer stimmberechtigt.

Förderer:

Fördererer beziehen keinen Teil der Ernte, sie unterstützen uns durch einen selbstgewählten Förderbeitrag. Sie sind ebenfalls Teil der Gemeinschaft, nehmen am Gemeinschaftsleben und Veranstaltungen teil und werden regelmäßig informiert. Bei anstehenden Entscheidungen sind sie nicht stimmberechtigt.

Eine Vereinbarun und alle weiteren benötigten Infos gibt es auf der Homepage der Solawi unter https://www.solawi-ma-sued.de/teilnehmen/

 

Scherer meinte, dass die Abnehmer, die im Monat rund 110 Euro bezahlen würden, Ware so frisch wie möglich erhalten würden, „so, wie es sich Verbraucher eigentlich wünschen“, sagte der Landwirt.

Familie Scherer betreibt den Betrieb, den sie von den Großeltern übernommen haben, seit 1993 und konnte ihn nach und nach vergrößern. Die ursprüngliche Pferdepensionshaltung wurde um die Betriebszweige Obstbau, Bienenhaltung, Gemüsebau und Geflügelhaltung erweitert: Ein bunter landwirtschaftlicher Kleinstbetrieb in Familienhand, wie es ihn heute eigentlich nicht mehr gibt. Alle Produkte, immerhin rund 40 unterschiedliche, würden mit einer Ausnahme an die Mitglieder verteilt, unterstrich Scherer.

Diese Ausnahme sei der Honig, der aufgrund der Menge auch weiter verkauft werde. Alles andere werde „ökologisch, regional, unverpackt, transparent und fair“ ausschließlich an die Mitglieder geliefert. Der Betrieb sei zwar nicht zertifiziert. „Das Geld können wir uns sparen“, so Scherer. Es werde aber trotzdem ausschließlich nach ökologischen Grundsätzen produziert. Zwei Gärtner, Birgit Ackermann und Marjal Sykora, die in dem Betrieb arbeiten, unterstützten das Team, erzählte Scherer.

Sykora führte die Besucher anschließend durch den Garten. Er stellte die verschiedenen Gemüse- und Salatsorten vor, die angebaut werden. Unter anderem erklärte er auch, dass sich die Tomatenernte nun dem Ende zuneige. Scherer hatte vorher erzählt, dass die Eier, die alle von glücklichen Hühnern stammten, die sich frei auf dem Hof bewegen können, die Produktionskosten nicht decken würden. „Man kann ja keine 60 Cent für ein Ei verlangen“, sagte der Landwirt.

Vereinsmitglieder freuen sich über immer frische Ware

Vereinsmitglied Ulrich Wittekind meinte: „Ich hatte einen stressigen Beruf. Jetzt bin ich Rentner und habe wieder Zeit, selbst zu kochen. Ich finde die Idee daher toll, hier mitzumachen. Es gibt immer frische Produkte.“ Viele Produkte, die auch von der Back- und der Einmach-Arbeitsgemeinschaft hergestellt worden waren, wurden am Tag der offenen Tür zum Kauf angeboten. Da gab es Feigen- oder Himbeermarmelade und Apfel- oder Quitten-Gelee. Manch ein Besucher genoss auch einen Holunder-, Minze- oder Johannisbeersaft mit einem Stück selbst gebackenem Kuchen, ehe er zufrieden den Heimweg antrat.

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