Es war beim Wandern, da entdeckte Felix von Nell Sommerau, die Perle des Ruwertals. „Die besondere Stimmung und die Ruhe, die dieser Ort ausstrahlt, das hat mich sofort angezogen“, sagt er. Da war der 22-Jährige auf der Traumschleife Morscheider Grenzpfad unterwegs, der Rundwanderweg bietet den schönsten Blick auf diesen nicht mal 100 Einwohner zählenden Ort, ungefähr in der Mitte des Ruwertals. Man kommt aus dem Wald heraus, steht oberhalb des Schlossbergs, der mit Rebreihen bestückt ist, und sieht tief unten Sommerau liegen in einer Senke am Fuße des steilen Weinbergs, umgeben von waldreichen Hängen. Felix von Nell ist Winzer, er stammt aus einer adligen Trierer Winzerfamilie, und der junge Mann ist zudem Naturerlebnisführer. Alle Lebewesen liegen ihm sehr am Herzen, er trägt Kröten über die Straße, pflückt Weinbergschnecken vom Wanderpfad und setzt sie an der Seite wieder ab. Mit Leidenschaft erklärt er Gruppen bei sogenannten Leuchtpunkt-Wanderungen seinen Schatz: den Schlossberg.
Der Weinhang hat nicht nur eine der steilsten Lagen im Mosel-Ruwer-Gebiet, sondern er besitzt auch eine große Artenvielfalt auf kleinem Raum. Es gibt seltene Schmetterlinge, Mauereidechsen und Schlingnattern zwischen Felsen und Mäuerchen. Das ganze Natur-Ensemble rund um den Sommerauer Schlossberg darf sich „Leuchtpunkt der Artenvielfalt“ nennen. Eine Auszeichnung, die von der Regionalinitiative „Lebendige Moselweinberge“ verliehen wird.
Rheinland-Pfalz
Anreise Mit dem Auto über Mannheim und Kaiserslautern, in Hermeskeil auf die A 1 bis Ausfahrt Reinsfeld, dann die B 52 bis Mertesdorf im Ruwertal. Mit der Bahn bis Trier, weiter mit Buslinie 30 ins Ruwertal, www.bahn.de; www.vrt-info.de
Unterkunft Hotel Weingut Weis liegt am hauseigenen Weinberg in Mertesdorf, ein gehobeneres Haus mit guter Gastronomie, DZ/F ab 106 Euro, www.hotel-weis.de.
Das Hotel Karlsmühle liegt lauschig an der Ruwer, ebenfalls mit Weingut, DZ/F ab 75 Euro, www.hotel-karlsmuehle.de
Essen und Trinken Das Ruwertal verfügt über renommierte Spitzenlagen, www.ruwer-riesling.de. Auch die regionale Küche sollte man probieren. „Ebbes von Hei“ (etwas von hier) ist ein Verbund von 230 Erzeugern und Gastronomen in der Saar-Hunsrück-Region, www.ebbes-von-hei.de.
Aktivitäten Die Traumschleifen Morscheider Grenzpfad und Hochwald-Acht sowie weitere Wanderwege gibt’s unter www.wanderinstitut.de/premiumwege/rheinland-pfalz
Der Ruwer-Riesling-Erlebnisweg zwischen Mertesdorf und Waldrach zeigt an 10 Stationen alles rund um den Weinbau, www.ruwer-hochwald.de
Allgemeine Informationen Die Region Ruwertal findet man unter www.ruwer-hochwald.de Tourismus Rheinland-Pfalz: www.rlp.de
Erst im Jahr 1889 legte der Moselbaron von Traben-Trarbach, der Weinhändler Adolph Huesgen, die Weinbaufläche im Ruwertal an, und um das Ganze Schlossberg nennen zu dürfen, kaufte er die mittelalterliche Burgruine oberhalb von Sommerau dazu. Sie thront auf einem Felssporn im Eichenwald. Einst umfloss die Ruwer den Berg in weitem Bogen, dann hat man beim Bau der Burg im 13. Jahrhundert die Flussschleife abgeschnitten und eine Abkürzung geformt. Aus dem stillgelegten Teil der Ruwer entwickelte sich im Laufe der Jahre ein verträumter Seerosenteich, darüber schwirren Libellen.
Das Gewässer sorgt dafür, dass in kalten Wintern durch die höhere Luftfeuchtigkeit weniger Frost die Weinreben am Schlossberg bedroht. „In Sommerau ist der Himmel blau“, unter diesem Motto florierte im Jahr 1889 mit Eröffnung der Ruwer-Hochwaldbahn der Ausflugstourismus.
Aus dem rund zehn Kilometer entfernten Trier reisten die Menschen mit dem Zug an, der in den 1980er Jahren eingestellt wurde. Auf dem Bahndamm verläuft heute ein Radweg. Die Ausflügler stiegen zur Burgruine hinauf, der einzigen im ganzen Tal, und machten es sich in der Wirtschaft gemütlich.
Fünf Weinorte gibt es im Ruwertal. Sommerau ist der letzte. Danach beginnt das obere Ruwertal, hier taucht man ein in die Tiefen des Hunsrücker Hochwalds mit vielen Eichen, Buchen und Fichten. Ein Wald, der einen beinahe verschlingt. Aber nur beinahe, die Traumschleife Hochwald-Acht führt Wanderer auf gut beschilderten Pfaden durch das dichte Grün. Der Weg führt, in zwei Schleifen geformt wie eine Acht, vorbei an der Ruwerquelle, circa drei Kilometer nördlich von Kell am See. Eigentlich ist die Ruwer ein Flüsslein, das nach nur 46 Kilometern bei Trier in die Mosel mündet. Aber eines mit großem Gewässernetz, über 100 Bäche streben zum Fluss, Wanderer begleitet oft das Plätschern und Rauschen der kleinen Wasserläufe. Flankiert von Bachuferwäldern und Auenwiesen bahnt sich die Ruwer ihren Weg. Vom rauen Hunsrück gelangt sie in nahezu mediterrane Gefilde, an ihrem Unterlauf fließt sie ruhig und gelassen an Steilhängen vorbei. Solche, wie man sie von der Mosel kennt. Ein Highlight folgt auf das nächste, sonnenverwöhnte Lagen, auf denen Spitzen-Rieslinge gedeihen. Wie in Kasel, bekannt für seine Top-Lage Kaseler Nies’chen. Oder Mertesdorf, hier liegen die Weinberge von Schloss Grünhaus, die edlen Tropfen vom Grünhäuser Abtsberg werden auch ins englische Königshaus geliefert. Das kleine Ruwertal zählt zum großen Mosel-Weinanbaugebiet, die Trauben aus dem Seitental wurden jahrelang nur als Moselweine vermarktet. Erst ab dem Jahrgang 2019 dürfen die Winzer auf dem Flaschenetikett wieder die wahre Herkunft verraten.
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