Reise

Tessin: Mediterranes Leben auf Schweizer Art

Wer denkt, dass schneebedeckte Gipfel und Palmen nicht zusammenpassen, war vermutlich noch nie im Tessin. Dieser Kanton im südlichsten Zipfel der Schweiz grenzt direkt an Italien – und fühlt sich in vielerlei Hinsicht mehr nach Mittelmeer als nach Alpenland an. Zwischen sonnigen Uferpromenaden, historischen Burgen und kulinarischen Höhepunkten findet man hier eine Mischung, die es sonst nirgendwo gibt.

Von 
Victoria Wagner
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Eine Landschaft zwischen Alpen und Palmen

Kaum ein Ort vereint so viele Landschaftsbilder auf so kleinem Raum: Über den Tälern thronen vergletscherte Berge, während an den Hängen Weinreben und Olivenbäume gedeihen. Botanische Gärten zeigen exotische Pflanzen, Palmen säumen die Wege entlang des Lago Maggiore oder des Luganer Sees. Wanderer, Radfahrer und Wassersportler finden hier ideale Bedingungen – vom Bergpfad bis zur Kajaktour.

Sonnengarantie fast das ganze Jahr

Das Tessin gilt nicht umsonst als „Sonnenstube der Schweiz“. Durch den Schutz des Gotthardmassivs bleiben die Temperaturen mild, selbst im Winter selten unter zehn Grad. Der Frühling startet früh, der Sommer ist heiß, und der Herbst zieht sich angenehm in die Länge. Diese klimatische Besonderheit lässt subtropische Pflanzen gedeihen und sorgt für ein ganzjährig mediterranes Gefühl.

Städte voller Charakter

  • Bellinzona beeindruckt mit seiner mächtigen Festungsanlage, die aus drei Burgen besteht und zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt.
  • Locarno, am Lago Maggiore gelegen, begeistert mit besonders vielen Sonnentagen und einem internationalen Filmfestival.
  • Lugano, die größte Stadt, verbindet Seepromenaden mit Kultur, Parks und einem Hauch Großstadtflair.
  • Ascona ist ein charmantes Künstlerstädtchen und Gastgeber eines renommierten Jazzfestivals.

Genießen wie ein Einheimischer: Dolce Vita mit Schweizer Präzision

Die lokale Küche des Tessins ist ein wahres Fest für Genießer und tief verwurzelt in jahrhundertealten Traditionen. Herzhaftes wie die aromatischen Luganighetta-Würste aus dem Maggiatal oder ein cremiges Risotto gehören ebenso dazu wie süße Klassiker: der saftige Brotauflauf „Torta di Pane“, zarte Kastaniencreme oder ein knuspriges Stück Biscotti. In den kühleren Monaten wärmt eine Schale Minestrone nach Tessiner Art, im Sommer stehen frische Pasta, goldgelbe Polenta und natürlich Gelato in unzähligen Variationen auf dem Speiseplan.

Dazu passt ein Glas tiefroter Merlot aus der Region, der dank des milden Klimas hier besonders rund und fruchtig reift, oder ein Schluck Nocino, der intensive Walnusslikör mit seinem unverkennbaren Aroma.

Wer tiefer in die Genusswelt eintauchen möchte, sollte einen der Wochenmärkte besuchen: Unter den bunten Markisen duftet es nach frischem Brot, Bergkäse, getrockneten Kräutern und sonnengereiftem Obst. Hier kommt man nicht nur mit den Produzenten ins Gespräch, sondern spürt den Pulsschlag der Tessiner Lebensart – herzlich, genussfreudig und eng mit der eigenen Heimat verbunden.

Zwischen Ruhe und Nervenkitzel: Naturerlebnisse vom Feinsten

Ein echtes Paradies für Naturliebhaber ist das Verzasca-Tal – der Fluss schimmert hier in einem richtig schönen Smaragdgrün. Die Landschaft ist einfach beeindruckend: schroffe Felsen, dichte Wälder und glasklares Wasser, das alles zusammen ein Panorama zaubert, das man so schnell nicht vergisst. Berühmt ist vor allem die historische Doppelbogenbrücke Ponte dei Salti in Lavertezzo – ein tolles Fotomotiv und gleichzeitig der perfekte Startpunkt für Wanderungen entlang des Flusses.

Das Verzasca-Tal: Ein weltweit beliebtes Ausflugsziel, das eine einzigartige Naturkulisse bereithält. © Stock Adobe - matho

Adrenalinjunkies kommen ebenfalls auf ihre Kosten: der Staudamm am Lago di Vogorno, ein imposantes Bauwerk mit 220 Metern Höhe, ist nicht nur ein technisches Meisterwerk, sondern auch als Schauplatz der spektakulären Eröffnungsszene des James-Bond-Films „GoldenEye“ weltbekannt. Für Mutige bieten sich hier Möglichkeiten zum Bungee-Jumping oder Klettern an, während Naturliebhaber die Ruhe der grünen Schluchten genießen können. 

Panoramastrecken machen Anreise schon zum Highlight

Das Tessin lässt sich auf viele Arten erreichen – und jede hat ihren eigenen Charme. Wer die Zeit hat, sollte sich für eine der Panoramastrecken entscheiden:

Ein echtes Highlight ist der Gotthard Panorama Express: Erst gleitet man mit einem historischen Raddampfer über den Vierwaldstättersee, umgeben von Bergen, die sich im Wasser spiegeln. In Flüelen geht’s dann in den Panoramazug, der gemächlich durch alpine Landschaften fährt, über historische Viadukte schlängelt und schließlich das sonnige Tessin erreicht – meist Bellinzona, manchmal weiter bis Lugano oder Locarno.

Der Gotthard Panorama Express: Die Anreise über eine Panoramastrecke hält schon eine Vielzahl an Sehenswürdigkeiten bereit. © Stock Adobe - Leonid Andronov

Fast genauso spannend ist der Centovalli-Express: Er verbindet Bern oder Domodossola mit Locarno und fährt durch enge Täler, vorbei an Wasserfällen, kleinen Dörfern und tiefen Schluchten – ein echtes Naturschauspiel auf Schienen.

Auch Autofahrer kommen auf ihre Kosten: Die Alpenpässe Gotthard, Lukmanier, Nufenen oder San Bernardino bieten spektakuläre Ausblicke, besonders im Sommer. Wer es lieber schnell mag, fährt über die Autobahn – benötigt dafür aber eine Schweizer Vignette.

Redaktion

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