Grandiose Aussicht, kein Verkehrslärm und einfach mal Ausspannen: Urlaub auf dem Bauernhof ist schon lange nicht mehr allein etwas für Familien. Auch Paare gönnen sich die Ruhe und Abgeschiedenheit in den italienischen Dolomiten. In Südtirol haben sich gleich 1700 Mitgliedsbetriebe zur Organisation „Roter Hahn“ zusammengeschlossen.
Auf 1200 Metern Höhe ist die Luft klar, das Gras irgendwie besonders grün und saftig. Im Stall muhen die Kühe, die gerade ihre Sommerferien auf der Almweide gegen das Winterquartier eintauschen mussten. Der Dietrichhof hoch über Feldthurns und Brixen gelegen bietet einen traumhaften Blick auf die Bergwelt der Dolomiten. Die Spitzen der Geislergruppe sind in warmes Licht getaucht, die Seiseralm zeigt sich von ihrer schönsten Seite. Irgendwo tief unten im Tal plätschert die Etsch vor sich hin.
Ganz ohne Romantik
SÜDTIROL
Informationen unter www.roterhahn.it.
Übernachten: Dietrichhof von Reinhard und Szilvia Rauter, Feldthurns-Schnauders, urige, voll ausgestattete Appartements aus Naturmaterialien wie Lehm und Stroh in der ehemaligen Scheune des Hofs, www.dietrichhof.com; Kräutererbe Bacherhof, Jutta Ebner, Nals, Appartements nur für Erwachsene, mit Sauna und Schwimmteich, www.kraeutererbe.info.
Ausflüge: Neben Bozen ist auch Brixen mit den Fresken im Domkreuzgang sehenswert.
Bauernhofromantik ist dennoch fehl am Platz, wenn Landwirt Reinhard Rauter im Morgengrauen zum Melken an den hochmodernen Melkstand geht. Neben den rund 30 Kühen leben auch ein halbes Dutzend Hühner auf dem Hof, zusammen mit dem Hofhund und den beiden Katzen. Sie sind die Stars bei den kleinen und auch großen Gästen und holen sich nicht nur vor der siebenjährigen Anna aus Aalen gerne eine Streicheleinheit ab. Szilvia Rauter verwöhnt derweil mit einem ausgewogenen Frühstück ihre Gäste, die Milch auf den Tisch bekommen, die frischer kaum sein kann – verbunden mit einem herrlichen Blick auf die norditalienische Bergwelt. Die fühlt sich an, als könnte man sie mit der bloßen Hand greifen und umfassen. Zu bewundern ist dieses Panorama auch vom ehemaligen Ziegenstall aus, direkt neben dem Kräutergarten mit kleinem Teich. Mittlerweile befindet sich dort die hofeigene Sauna.
Bozen gilt als der Geburtsort der Sommerfrische. Während es heute die Menschen in die Stadt mit ihrer reichen Kultur zieht, zog es ab 1850 in den heißen Monaten das gehobene Bürgertum raus aus Land – zum Urlaub auf den Bauernhof. Für die Landwirte mit ihren kleinen Höfen war dies ein wichtiges Zubrot, das immer mehr ausgebaut wurde. So wurde 1998 der „Rote Hahn“ als gemeinsame Marke gegründet. Rund um Bozen und Meran findet sich eine stattliche Anzahl an Betrieben, aber auch im Ulmental auf 1700 Metern Höhe. Sanfter Tourismus im Winter mit Schneeschuhtouren wird großgeschrieben, im Sommer lockt eine Vielzahl an Wanderwegen.
1640 kleine Übernachtungsbetriebe zählen zum Verbund „Roter Hahn“ des Südtiroler Bauernbunds. Die Qualitätskriterien für dieses „unverfälschte Landleben“ sind streng, wie Sandra Knoflach erklärt. „Mitmachen dürfen nur Bauernhöfe, die noch bewirtschaftet werden, die hofeigene Produkte anbieten und bei denen die Gäste selbst betreut werden.“ So haben die Gäste stets den Kontakt zu Bauer und Bäuerin. Dazu kommen die weiteren Säulen „bäuerliche Schankbetriebe“, „bäuerliches Handwerk“ und „Qualitätsprodukte vom Bauern“.
Woher Lebensmittel kommen
Zufrieden ist Knoflach, dass das Qualitätsniveau der Angebote stetig steigt. „Das Thema Urlaub auf dem Bauernhof ist nicht mehr nur für Familien mit kleinen Kindern interessant.“ Auch wenn viele Gastgeber vor allem ihnen erklären wollen, woher die Lebensmittel stammen. „Viele Kinder kennen Kühe nur aus dem Fernsehen“, betonen Szilvia und Reinhard Rauter.
Kräuterfrau Jutta Ebner sorgt auf dem Kräutererbe Bacherhof im Rosendorf Nals für die sanfte Melange aus Erholung und Kräuterkunde. Gäste und Besucher dürfen durch ihren Kräutergarten schlendern, den Duft der Blüten einatmen und ihren Freudentrunk kosten, den sie nach Rezepten von Hildegard von Bingen herstellt. Löwenzahn, Engelwurz und wie in vielen anderen ihrer Kreationen auch Rosenwurz gehören zu den Ingredienzien. „Die Rose kommt in jeden Heiltrunk“, verrät die Kräuterfrau, die von der Knospe bis zur Hagebutte alles von der Königin der Blumen verwendet. Bei ihr darf immer etwas blühen.
Köstlichkeiten ganz anderer Art, nämlich der Südtiroler Küche, gibt es im Buchnerhof in Lajen. Der Ort am Eingang des Grödnertals gilt als die Wiege des Törggelen, wenn der neue Wein mit passenden Spezialitäten probiert wird. Die getäfelte Stube aus dem 17. Jahrhundert mit dem großen Kaminofen dient heute als Gastraum, wo es saisonale Köstlichkeiten aus Keller und Garten gibt – natürlich auch typische Schlutzkrapfen.
Mittelpunkt Tirols
Südtirol ist ein Paradies für Wanderer. Nicht entgehen lassen sollte man sich die Tour zur Mitte Tirols. Neben (Nord)Tirol und Osttirol gehört das größere Südtirol-Trentino zu diesem Landstrich. Die Wanderung zum Latzfonser Kreuz ist etwas Besonderes. Vom Parkplatz Kasereck auf Gemarkung Klausen geht es durch Wald und über freie Almen mit tollen Ausblicken auf die Südtiroler Berge auf schmalen Pfaden teils steil bergan.
Ziel ist das kleine Kirchlein, mit 2311 Metern die höchstgelegene Wallfahrtskapelle Europas. Nach dem Gebet wartet auf der Schutzhütte eine zünftige Stärkung, ehe es nur wenige Meter weiter zum Mittelpunkt Tirols geht.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/leben/machen/reise_artikel,-reise-auszeit-fuer-die-seele-und-kopf-_arid,2001735.html