Aus dem Tiefschlaf erwacht

Das Städtchen Esch an der Alzette im Süden Luxemburgs wird 2022 Kulturhauptstadt Europas. Besucher können die industriell geprägte Architektur mit ihren Hochöfen bestaunen und über die längste Fußgängerzone des Landes schlendern.

Von 
Andi Nowey
Lesedauer: 
Wochenmarkt und Kulturelles: Der Rathausplatz ist ein beliebter Treffpunkt in Esch an der Alzette. © Nowey

Um das Großherzogtum Luxemburg von Ost nach West zu durchqueren, braucht der Autofahrer etwa eine Dreiviertelstunde. Die bekannteste Stadt auf dieser Route ist sicherlich die Hauptstadt. Doch ganz im Süden liegt mit Esch an der Alzette (international: Esch-sur-Alzette) ein kleines Fleckchen, das einen Gegenpol bildet zu der im Zentrum des Großherzogtums liegenden Finanzmetropole Luxemburg-Stadt. Esch an der Alzette befindet sich touristisch noch ein wenig im Dornröschenschlaf, besitzt aber eine eindrucksvolle Geschichte als Industriestandort.

Mit der Entdeckung von Eisenerzvorkommen entwickelte sich dort in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine große Eisen- und Stahlindustrie. Mit Ausnahme des Walzwerks wurden aber bis 1997 alle Minen und Bergwerke geschlossen, und dennoch versuchte man, dieses industrielle Erbe gepaart mit architektonischer Moderne und vielfältiger Kultur zu vereinen.

Ein Großprojekt Europas

Inzwischen ist Esch an der Alzette zu einem der größten städteplanerischen Projekte Europas geworden, denn neben Start-up-Unternehmen findet auch der Einzelhandel dort eine neue Bestimmung. Ein Teil der Anlagen des Stadtbezirks Belval wurde bereits im Rahmen einer weitläufigen Sanierung zu einem Campus der Universität Luxemburg umgebaut, die markanten Hochöfen wurden teilweise restauriert.

Kurz vor dem 890-jährigen Jubiläum der erstmaligen Erwähnung der Stadt Esch erhielten die Stadtoberen im vergangenen Jahr die Zusage, im Jahr 2022 neben dem litauischen Kaunas als Kulturhauptstadt Europas zu fungieren. Zum dritten Mal wurde dieser Titel in das Großherzogtum verliehen. An den daraus resultierenden Veranstaltungen werden sich neben Esch und den umliegenden zehn Gemeinden auch die Kommunen des jenseits der Grenze in Frankreich gelegenen Gemeindeverbandes Pays Haut Val d’Alzette beteiligen.

Doch nicht nur das industrielle und architektonische Erbe gibt der Stadt eine neue Strahlkraft. Luc Schlosser vom Fremdenverkehrsamt schwärmt: „Es gibt das wunderschöne Naherholungsgebiet Gaalgebierg mit Park, Rosengarten, Tierpark und Baumhaushotel, sowie das Naturschutzgebiet Ellergronn, welches sich wunderbar für ausgedehnte Spaziergänge, Läufe und auch zum Mountainbike fahren eignet.“

Weiterhin ergänzen das Stadttheater, das Musikkonservatorium, das Kulturzentrum „Kulturfabrik“, die größte Konzerthalle des Landes „Rockhal“ und das nationale Resistenzmuseum das kulturelle Angebot.

Zudem befindet sich in der Stadtmitte mit ihren Fassaden im Jugendstil die längste Fußgängerzone des Landes. „Für eine mittelgroße Stadt von 36 000 Einwohnern hat Esch-sur-Alzette ein recht breites Einkaufsangebot, vor allem im Bereich der Bekleidung“, betont Schlosser.

Volksfeste und Bauernhöfe

Das Zentrum des städtischen Geschehens ist jedoch der Rathausplatz: Hier findet dienstags und freitags der Wochenmarkt statt. Hinzu kommen kulturelle Veranstaltungen wie die lange Nacht der Kultur, Konzerte und Festivals wie etwa die Gay Pride.

Die große portugiesische Gemeinschaft in Esch feiert jedes Jahr im Juni das portugiesische Volksfest São João. Und neu hinzugekommen ist die erste luxemburgische Ausgabe des international bekannten Festivals „Francofolies.

Bei Kindern ist der nahegelegene „Escher Déierepark“, ein Tierpark, der einheimischen Tiere ein natürliches Umfeld bietet, besonders beliebt. Dieser wurde erst kürzlich um einen pädagogischen Bauernhof erweitert, dessen Ziel es ist, alte Haustierrassen wie etwa Huzule-Pferde oder den Poitou-Esel zu zeigen.

Das Städtchen Esch an der Alzette ist also auf dem besten Weg, sich von einer von Industrie geprägten Stadt zum kulturellen Zentrum Luxemburgs zu entwickeln.

Anreise: Von Esch ist der Flughafen Findel 27 Kilometer entfernt und mit dem Auto gut zu erreichen.

Unterkunft: Die Escher Baumhäuser bieten Platz für vier bis sechs Personen; bamhaiser@villeesch.lu. Im Industriebezirk Belval befindet sich das Hotel Ibis Belval.

Sehenswürdigkeiten: Einen Besuch Wert: der Stadtpark Gaalgebierg. Auf Architekturrundgang können Besucher die Architektur der Stadt entdecken.

Mehr Infos: Tourismusbüro am Rathausplatz; tourisme@esch.lu.

 

Freier Autor Schwerpunkte: Mannheimer Kreisfußball, Kreisklassen A und B, Kreispokal, Waldhof-Legenden

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen