Atem(be)raubendes Peru

Unsere Autorin Nicole Adami erfüllt sich einen Traum: Sie reist über die mächtigen Bergketten der Anden, durch dichten Dschungel und vorbei an aktiven Vulkanen bis zur legendären Inkastadt Machu Picchu. Der Anblick raubt ihr schier den Atem – wie auch die Höhenluft.

Von 
Nicole Adami
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Der Höhepunkt einer Reise durch Peru: die Magie der legendären Inka-Stadt Machu Picchu. © Adami

Langsam setze ich einen Fuß vor den anderen, Schritt für Schritt, immer im gleichen Tempo. Mein Herz hämmert. Es pumpt und lechzt nach Sauerstoff. Hier oben, inmitten der peruanischen Anden ist die Luft dünn. Was im Flachland eher einem Spaziergang gleich käme, ist auf 3800 Metern eine kleine Expedition.

Früh morgens sind wir zu Fuß zum Cruz del Condor aufgebrochen, um die vom Aussterben bedrohten Kondore zu sehen. Doch mein Körper sendet eindeutige Signale. Das Herz pumpt kräftiger, ich schnaufe schwer und die Muskeln wollen nicht so richtig. Aber dann stehe ich endlich am Rande des Colca Canyons, dem zweittiefsten Canyon der Welt. Von hier aus schaut man nicht nur in die mehrere tausend Meter tiefe Schlucht hinunter, sondern auch auf die zahlreichen Vulkane der Region. 6000 Meter und höher strecken sie ihre Schlote in den Himmel – einer, der Sabancaya, qualmt sogar. Was für ein Anblick!

Könige am Himmel

Noch ist es kühl, die Sonne hat es noch nicht über den Bergkamm geschafft. Es dauert nicht lange, da taucht sie schon auf – und mit ihr der erste Kondor. Ein Raunen geht durch die Luft, als der Vogel zum ersten Mal über unsere Köpfe hinweg gleitet. Kurz darauf sehe ich zwei weitere Tiere. Auch sie beginnen, wahre Kunststücke vor unseren Augen zu vollführen. In weiten Bahnen ziehen sie ihre Kreise und nutzen die Thermik der Schlucht, um zu immer eindrucksvolleren Darbietungen aufzusteigen und majestätisch durch den Canyon zu jagen.

Wir genießen das Spektakel zu einer Tasse Coca-Tee, die uns von unserem Tourguide zum Aufwärmen, aber auch gegen die Höhenkrankheit verabreicht wird. Dann steigen wir in einen Kleinbus, der uns in die Inka-Hauptstadt Cusco bringen wird. Was ich beim Losfahren noch nicht weiß: Auf dieser Strecke geht es über unsagbar hohe Bergpässe. Während wir entlang der Colca-Schlucht zunächst ostwärts fahren, drücke ich mir die Nase an der Fensterscheibe platt: Auf kahlen Felsvorsprüngen blühen stachelige Kakteen, in der Sonne leuchten Terrassenfelder mit Sträuchern und hübschen Blumen. Dann wird die Landschaft schroffer: Über unzählige Kurven schraubt sich unser Zwölfsitzer in den Himmel.

Nach rund vier Stunden erreichen wir auf 4927 Metern den höchsten Punkt der Reise. Mittlerweile habe ich so viele der bitteren Cocablätter gekaut, dass ich nicht mehr weiß, ob mir aufgrund der Höhe oder eher wegen ihnen flau im Magen ist. Dann – endlich – geht es wieder bergab.

Cusco gilt als die schönste und – aufgrund ihrer Geschichte – interessanteste Stadt Perus: Als einstige Hauptstadt des Inka-Imperiums war sie mindestens so mächtig und reich wie das alte Rom. Weil ihr die beachtlichen Gold- und Silbervorkommen der Gegend großen Wohlstand bescherten, trug sie den Beinamen „Nabel der Welt“ und sorgte über die Landesgrenzen hinaus für Staunen. Als die Spanier im 16. Jahrhundert Kirchen und Kolonialbauten in Cusco errichteten, machten sich zunehmend europäische Einflüsse breit. Am eindrucksvollsten spürt man dies an der „Plaza de Armas“, die in der Inkazeit noch „Huacaypata“ hieß: Zwei imposante Kathedralen, die auf den Grundmauern alter Inka-Tempel errichtet wurden, bewachen den Platz. Fast die gesamte Fläche ist von Arkadengängen umsäumt, in denen sich Cafés, Souvenirläden und andere Geschäfte finden lassen.

Pisco zum Abschied

Doch so schön und prunkvoll die alte Inka-Stadt auch ist – vielen Touristen dient sie in erster Linie als Ausgangspunkt für Exkursionen nach Machu Picchu, dem Must-See aller Peru-Reisenden. Auch wir machen uns am nächsten Morgen mit der legendären „Inca Rail“ zum Heiligtum des einstigen Großreichs auf. Durch eine abwechslungsreiche Landschaft schnauft der komfortabel ausgestattete Zug durch das Urubambatal. In Aguas Calientes, das am Fuße des Machu Picchu liegt, steigen wir aus. Staunend beobachte ich, wie die Umgebung immer grüner wird, auch die Luft ist wärmer und sauerstoffreicher geworden. Als wir schließlich Aguas Calientes erreichen, atme ich auf: Auf rund 2000 Metern Höhe schnauft es sich wieder leichter.

Am nächsten Morgen schließlich der Höhepunkt der Reise: der Blick auf die legendäre Inkastadt sowie den dahinter aufragenden Huayna Picchu. Die bis eben noch dichten Nebelschwaden schieben sich wie Vorhangschals auseinander und warme Sonnenstrahlen breiten sich über die alten Paläste und Wohnviertel aus. Gedanklich versetze ich mich zurück in die Zeit der Inka und kann bildlich vor mir sehen, wie Arbeiter die Terrassen bestellen, der lebhafte Markt in der Mitte des Sonnenfeldes stattfindet und ein Zeremonienmeister am Totenfelsen predigt. Die Magie dieses Ortes durchströmt meinen ganzen Körper.

Von Cusco aus fliegen wir am nächsten Tag zurück nach Lima. Endlich befinde ich mich wieder auf Meereshöhe. Ein Zustand, den mir mein Körper dankt: Ich fühle mich wieder quicklebendig! Bevor es zurück nach Deutschland geht, möchte ich im legendären Grand Hotel Bolívar noch einen stilechten Pisco Sour trinken – das Nationalgetränk der Peruaner. Der Drink schmeckt leicht sauer und erfrischend. Nach den letzten Tagen, in denen ich aufgrund der Höhe komplett auf Coca-Tee umgestiegen bin, eine willkommene Abwechslung!

Reise-Tipps

Die Erlebe-Fernreisen GmbH bietet individuelle Reisebausteine für Peru an. So kann man – je nach Wunsch – seine Route selbst im Baukastensystem zusammenstellen und seine persönlichen Schwerpunkte wählen: www.erlebe-peru.de

Der Gruppenreiseveranstalter G Adventures legt großen Wert auf authentisches sowie nachhaltiges Reisen und stellt den Kontakt zu lokalen Gemeinden her. Verschiedene Reisearten oder -themen findet man unter www.gadventures.de

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