Ernährung - In der Corona-Krise müssen Eltern mehrmals täglich etwas auf den Tisch zaubern – doch was?

Kochen mit kleinen Helfern

Von 
Sarah Weik
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Kochen mit der Familie: Für Nathalie Klüver ist das Familienzeit, Kinderbeschäftigung und undogmatische Ernährungserziehung in einem. Und manchmal sogar eine Hilfe. © Tara Junker/hf

Mannheim. Die Kinder haben Hunger. Immer. Morgens, natürlich. Doch kurz nach dem Frühstück schleichen sie schon wieder in der Küche rum. Dann folgt das Mittagessen. Egal wie gut geschaufelt wurde – am Nachmittag grummeln schon wieder die Bäuche. Die natürlich beruhigt werden müssen, aber nicht zu sehr – schließlich soll noch Platz fürs Abendessen sein. In Zeiten von Corona könnten Eltern Stunden in der Küche verbringen. Wenn, ja wenn sie nicht zwischendurch auch noch arbeiten, teils gleichzeitig Schule und Kindergarten ersetzen und dafür sorgen müssten, dass der Haushalt nicht ganz im Chaos versinkt.

„Bei mir haben sich schon Eltern gemeldet, die teils komplett überfordert sind mit dieser Drei- und Vierfachbelastung“, erzählt die Mannheimer Ernährungsberaterin Bettina Seydlitz. „Der Familienalltag kostet derzeit viel mehr Zeit und Energie als sonst.“ Meist fehlt da die Zeit, um zu kochen, oft auch die Nerven und manchmal schlicht die Ideen.

Ich merke erst jetzt so richtig, was die Kinder alles essen – das haben sie vorher ja im Kindergarten oder in der Schule“, sagt auch Mama-Bloggerin Nathalie Klüver. Die größte Umstellung für sie? „Dass ich nicht mal eben in den Supermarkt um die Ecke springen kann. Jetzt kommt einmal in der Woche der Lieferdienst und eine Biokiste. Das muss reichen.“

Ein Plan für die Woche

Und das funktioniert nur mit einem Plan. „Ich kann Familien nur raten, zumindest für die Arbeitswoche einen Essensplan aufzustellen“, sagt auch Bettina Seydlitz. Und der muss keine Doktorarbeit werden. „Jedes Kind darf sich ein Lieblingsessen wünschen, die Eltern auch – und schon hat man einige Mahlzeiten.“

Dabei hält sie es für unbedenklich, wenn die Kinder sich ständig Nudeln wünschen. „Das ist nur ein Problem, wenn es immer nur weiße sind.“ Sie empfiehlt Eltern dann, „Zebranudeln“ zu machen. „Zu den normalen Nudeln kommen Dinkel- oder Buchweizennudeln dazu – denn die wollten schließlich auch mal in den Topf.“

Die Soßen lassen sich variieren und in die Tomatensoße auch mal eine Zucchini reinpürieren. „Wenn es richtig schnell gehen muss, einfach Tomaten-Gemüsesaft einkochen lassen.“ Saft, weil dieser oft mehr Nährstoffe bietet als fertige Soßen – und weniger Zusatzstoffe enthält.

Auch Fertiggerichte sind für Seydlitz nicht tabu. „Es kommt immer auf die Beilagen an. Wenn es zu den Fischstäbchen keine Pommes gibt, sondern Reis – super. Und auf der Fertigpizza wird einfach eine Extra-Portion Gemüse verteilt.“

Dreifachmama Nathalie Klüver ist ebenfalls großer Fan von halbfertigen Gerichten. „Maultaschen mit Ei angebraten geht superfix und bei Tortellini essen meine Kinder sogar die mit Spinat gerne.“ Wenn ihr die Ideen ausgehen, kramt sie gerne in Erinnerungen. „In meiner Kindheit gab es oft typische Resteessen – das ist gerade jetzt ideal!“ Arme Ritter etwa, für die trockenes Brot in Ei gewendet wird, oder Flädlesuppe mit Streifen aus Pfannkuchen vom Vortag.

„Pfannkuchen sind überhaupt sehr variabel“, sagt Ernährungsberaterin Seydlitz. „Die schmecken auch mit Gemüse-Füllung. Man kann aber auch Karotten oder Zucchini direkt in den Teig raspeln – dann werden es bunte Pfannkuchen, an denen auch die Kinder Spaß haben.“

Vor allem, wenn sie selbst mit anpacken dürfen. „Gemeinsame Mahlzeiten sind enorm wertvolle Familienzeiten“, sagt Seydlitz. Und das schließt für sie auch die Zubereitung mit ein. „Je früher Kinder mit einbezogen werden, desto selbstverständlicher wird das Kochen und gesunde Ernährung für sie.“ Bei Nathalie Klüver hilft auch schon die Zweieinhalbjährige mit und schneidet Bananen klein. Die größeren Kinder schälen Möhren. „Zugegeben bleibt dann oft von der Möhre nicht mehr viel übrig, aber sie machen es gern – und immer besser.“

„Meine Erfahrung ist, dass Eltern ihren Kindern oft zu wenig zutrauen – aus Angst, sie könnten sich verletzten“, sagt Seydlitz. Jahrelang gab die Ernährungsberaterin Kinderkochkurse. „In all den Jahren hat sich nie jemand ernsthaft verletzt.“

Eines ist ihr besonders wichtig: „Essen soll Freude machen.“ Von strengen Regeln am Tisch hält sie ebenso wenig wie von strikten Verboten. Bei Klüvers gibt es derzeit etwa deutlich mehr Süßes als sonst: „Die Zeiten sind merkwürdig genug – da darf man auch mal über die Stränge schlagen, finde ich.“ Seydlitz ist da kulant: „Ausnahmen sind genehmigt. Und wir hoffen ja alle, dass die jetzige Situation eine Ausnahme bleibt.“

Experten und Buchtipps

Bettina Seydlitz ist Ernährungs- und Gesundheitsberaterin, sie berät auch Kindertageseinrichtungen in Mannheim.

Sie empfiehlt Familien die Ernährungspyramide der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung. Diese kann unter ble-medienservice.de bestellt, aber auch einfach nachgebastelt werden. „Da kann man wunderbar ein Spiel raus machen: Nach jedem Essen oder Trinken darf das Kind den jeweiligen Baustein ausstreichen.“

Nathalie Klüver ist Mutter von drei Kindern und bloggt auf ganznormalemama.com über das Familienleben.

Vor wenigen Wochen ist ihr „Familienkochbuch für nicht perfekte Mütter“ im Trias Verlag erschienen. Damit will sie etwas Entspannung an den Esstisch bringen, räumt mit Ernährungsmythen auf, verrät ihre besten Zehn-Minuten-Rezepte und wie man einfach variiert, damit alle Kinder zufrieden sind. ISBN 978-3-432-11136-0, 137 Seiten, 14,99 Euro.

Mit der kinderleichten Becherküche von Birgit Wenz können schon Vorschulkinder eigene Koch- und Backschritte machen. Etwa: Leckere Backideen für Kinder, ISBN: 978-3-9816172-7-6, 126 Seiten, 9,99 Euro.

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