Ein Konzert von Wincent Weiss ist wie eine Achterbahnfahrt der Gefühle: mal romantisch, dann dramatisch. Beim Open-Air-Festival hat der 28-Jährige im ausverkauften Reitstadion rund 1300 Zuschauer unterhalten. Mit seiner dunklen Wuschelmähne, dem verschmitzten Lächeln und seiner sympathischen Art erobert er die Herzen im Sturm. Doch Weiss in die Schublade Teenieschwarm zu verbannen, würde seinem Talent nicht gerecht werden. Bei seinem Gig gewährte der Songwriter zudem intime Einblicke in sein Seelenleben.
Weiss betont mehrfach, wie sehr er sich freut, wieder auf der Bühne stehen zu dürfen. Fast wirkt der Hüne, als könne er sein Glück kaum fassen. Passenderweise eröffnet er sein Konzert mit dem temperamentvollen „Alles wie gemalt“, bei dem das lyrische Ich nicht weiß, ob es sich um Realität oder einen Traum handelt. Doch sobald Weiss mit seiner Liveband die Bühne rockt, sind alle Zweifel wie weggeblasen. In dem heiteren „Hier mit dir“ singt er darüber, wie Freundschaft jeden Ort zum besten der Welt macht.
„Wir haben schon öfter in Mannheim gespielt“, sagt Weiss. Im Rahmen seiner Sommertour präsentiert er ältere Songs, aber auch neue Stücke. Jede Nummer wird bejubelt, fast jede Zeile mitgesungen. Der Künstler versprüht gute Laune und nimmt sich selbst auf die Schippe. Mal singt er Passagen aus Sarah Connors Song „Vincent“ aus der Ich-Perspektive, um schließlich zu tanzen wie Beyoncé in „Single Ladies“. Dann überrascht er mit einem Salto rückwärts, gratuliert einer Besucherin mit einem Ständchen zum Geburtstag. Und stellt den Ohrwurm „Die guten Zeiten“ vor, den er mit Johannes Oerding geschrieben hat. „Auf der Bühne zu stehen ist nicht eine gute Zeit sondern die beste Zeit“, schwärmt er.
Medley mit Apache-Song
Weiss ist jedoch nicht nur der Strahlemann. Er warnt vor den Gefahren der sozialen Medien, mit denen manche Nutzer andere öffentlich beleidigen. „Das macht man einfach nicht, das ist scheiße und verletzt Menschen.“ Darüber hat er den Midtempo-Track „Was Menschen nicht wissen“ geschrieben. Er scheut sich auch nicht, private Dinge aus seinem Leben anzusprechen. Etwa, dass er sich einer Therapeutin anvertraut hat, als er auf dem Weg zum Erfolg sich selbst verloren hatte. Es sei okay, sich Hilfe zu holen, betont Weiss - und erhält dafür Applaus. Mit dem melancholischen „Was habt ihr gedacht?“ verarbeitet er die Schattenseiten des Ruhms - und interpretiert mit seiner sanften, leicht rauen Stimme den emotionalen Song, der ins Herz geht.
Das Thema Beziehung wird beim rockigen Stück „Wo die Liebe hinfällt“ eher skeptisch betrachtet, während „Viel zu selten“ Weiss’ romantische Ader zeigt, ohne kitschig zu sein. Mit einem Medley, bei dem er etwa „Traum“ von Cro sowie „Roller“ des Ludwigshafeners Apache 207 zum Besten gibt, beweist er seine Vielseitigkeit. Nicht fehlen dürfen Chartstürmer wie „Musik sein“ sowie das eingängige „Feuerwerk“, das er als eine von drei Zugaben singt. Noch ein letztes Lächeln, ein finales Winken ins Publikum und Weiss verlässt die Bühne. Zurück bleibt sein Publikum, das er mit gefühlvollen Texten tief berührt hat.
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