Allen voran in den USA, aber auch in anderen Ländern gelten schicke Tiny Houses als die moderne Wohnform. Schlau geplant ist in ihnen nicht nur das Wohnen auf engstem Raum attraktiv. Die Baukosten – je nach Ausstattung zwischen 5000 und 45 000 Euro – sind gering und die Minihäuser können auch noch mobil sein. Sie scheinen also perfekt für alle, die weniger besitzen wollen, sich noch nicht fest niederlassen möchten. Doch nicht so in Deutschland. Denn ob man nun fest darin wohnen oder ein Tiny House als Reise-Zuhause nutzen möchte, die rechtlichen und baulichen Hürden für alle Einsatzgebiete sind hoch.
1. Dauerhafter Wohnsitz
Wer ein Tiny House als dauerhaften Wohnsitz nutzen will, benötigt ein Grundstück in einer erschlossenen Siedlung. Dies ist an das öffentliche Straßen- und Wegenetz angebunden sowie an das Ver- und Entsorgungsnetz. Das Problem: In einer solchen Siedlung sind laut Bebauungsplan Wohnhäuser vorgesehen, sagt Holger Freitag, Rechtsanwalt des Verbands Privater Bauherren (VPB) in Berlin. Erste Gemeinden würden aber schon Bauplanungsrecht für Tiny Houses schaffen. „Beispielsweise gibt es in Baden-Württemberg den Paragrafen 56 in der Landesbauordnung, der experimentelles Bauen zulässt“, so Regina Schleyer, Vorsitzende des Tiny House Verbands in Karlsruhe. Und manche Bundesländer starten zeitlich begrenzte Pilotprojekte, um Siedlungen für Tiny Houses zu schaffen.
Man sollte sich also über solche lokalen Möglichkeiten informieren – das kann die erste Chance auf ein Tiny House als festen Wohnsitz sein. Die Alternative kann ein dauerhafter Stellplatz auf einem Campingplatz sein – sofern die Wohnnutzung im Bebauungsplan des Campinggrundes eingetragen ist.
Der Vorteil: Man benötigt keine Baugenehmigung. Aber: „Das Anmelden eines Erstwohnsitzes ist in der Regel nicht möglich“, so der Tiny House Verband. Zudem muss man Auflagen erfüllen: Das Tiny House darf maximal 50 Quadratmeter groß und nicht höher als insgesamt 3,50 Meter sein.
Es gibt noch einen Weg: „Wer bereits ein Grundstück besitzt, kann eine Bauvoranfrage bei der zuständigen Baubehörde stellen“, so Bauberater Holger Freitag. So erfährt man, ob und in welcher Form das Grundstück mit Wohnraum besetzt werden darf. Ohne anschließende Baugenehmigung geht es meist nicht. Kommunale Vorgaben wie der Bebauungsplan legen fest, wie sich ein neues Haus in den Ort einfügen soll. Etwa durch die Dachform, Fassadenfarbe, Fensterart oder Mindestgrundfläche. Solche Vorgaben muss auch ein Tiny House erfüllen, so Freitag.
Immerhin: In manchen Gemeinden sind vereinfachte Genehmigungsverfahren möglich. Hier reicht eine Bauanzeige bei der Baubehörde. „Diese kann aber einen Architektenplan sowie Angaben zur Standsicherheit und zum Wärmeschutz verlangen“, sagt Freitag. Und ohne Baugenehmigung sind meist nur kleine Bauvorhaben bis zehn Quadratmeter Bruttogrundfläche möglich.
Eine Ausnahme macht die bayerische Bauordnung. Sie erlaubt Gebäude mit einem Brutto-Rauminhalt bis zu 75 Kubikmeter, umgerechnet etwa 30 Quadratmeter. Dies gilt allerdings nur für den Innenbereich, also bebaute Siedlungsgebiete.
2. Als Wohnwagen
Um ein Tiny House mobil mit in den Urlaub zu nehmen, braucht es eine Straßenzulassung als Wohnwagen. Dazu darf es laut Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO, § 32) maximal 2,55 Meter breit, vier Meter hoch und zwölf Meter lang sein. Das zulässige Maximalgewicht liegt bei 3,5 Tonnen. Alle Sichtscheiben benötigen Sicherheitsglas (§ 22a). Und der festverbundene Trailer muss alle notwendigen Lichter aufweisen.
Man sollte sich aber bewusst sein, häufige Standortwechsel seien meist wesentlich aufwendiger als vom Besitzer vermutet, so Johannes Laible, Herausgeber des Tiny-House-Magazins „Kleiner Wohnen“. „In jedem Fall sollte frühzeitig eine der üblichen Prüforganisationen (z.B. TÜV, Dekra, GTÜ) einbezogen werden“, rät er. Auch mit dem Hersteller des Tiny Houses sollte man die Transportfrage klären.
Mit der Anmeldung als Wohnwagen fallen Kosten für die Versicherung, Steuern und die regelmäßige Wartung an. Dafür entfällt die Baugenehmigung. Bedenken sollte man, dass das Campingfahrzeug auch außerhalb der Ferien einen Stellplatz braucht. Das kann der Parkplatz vor dem Wohnhaus sein. „Man darf aber nicht darin übernachten“, so Bauberater Holger Freitag.
3. Als Ferienwohnung
Wer das Tiny House nur gelegentlich nutzen will, etwa am Wochenende oder in den Ferien, kann es einfacher haben. Hier braucht man laut dem Tiny House Verband einen Stell- oder Bauplatz in einem Sondergebiet für die Erholung oder in einem Gebiet zur Entwicklung der Wohnnutzung. Dort gibt es weniger Auflagen. Der Bau ist zudem häufig verfahrens- oder genehmigungsfrei, wenn die Grundfläche maximal 50 Quadratmeter beträgt. Das Grundstück muss allerdings auch dort erschlossen sein.
4. Als Ladung
Die gängigere Variante, das Tiny House mobil zu nutzen, ist laut Johannes Laible, es als Ladung zu betrachten. Dafür wird nur ein zugelassener Anhänger benötigt, auf dem das Haus verkehrssicher befestigt wird. Und nach dem Standortwechsel wird das Tiny House wieder vom Trailer genommen. Auch dies bedeutet je nach Größe und Schwere des Hauses viel Aufwand.
„Wer umzieht, muss zudem eine Abrissgenehmigung für das Tiny House beantragen“, sagt Regina Schleyer vom Tiny House Verband. Hinzu kommen Kosten für den Umbau und die neue Baugenehmigung. Die ist nötig, da am neuen Standort andere Bauvorschriften gelten können.
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