Auf Reisen

Schmutzige Wäsche

Von 
Friedemann Diederichs
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Was tun Hotel-Angestellte mancher Luxus-Hotels in den USA, wenn sie während überlanger Schichten und nach einem Monat Arbeit ohne einen einzigen freien Tag frustriert und müde sind? "Wenn der Gast das Zimmer verlässt, gehen diese Mitarbeiter rein. Sie bedienen sich an der Minibar. Sie schnüffeln im Gepäck und in der Wäsche. Sie lesen Unterlagen und Faxe", schreibt Autor Jacob Tomsky, der mehr als zehn Jahre leitender Angestellter von Nobel-Herbergen in New York und in New Orleans war.

Falsch programmierte Schlüssel

Und er schildert in seinem gerade veröffentlichten Enthüllungs-Werk "Heads in Beds" ("Köpfe in Betten") auch: Mitarbeiter nutzen gerne leere Zimmer zum Sex - oft nur wenige Stunden, bevor ein Gast eincheckt. Und die Chance sei groß, dass "es" auf jenem Bett geschah, in dem der Gast wenig später schlafen wird - und dass natürlich kein Zimmermädchen danach für neue Bezüge sorgte.

Schmutzige Wäsche wie diese ist es, die den Schilderungen von Tomsky die Würze gibt. Und pikant sind auch die Aussagen, wie Hotel-Personal gerne Rache nimmt an Gästen, die sich daneben benehmen oder einen rüden Ton beim Einchecken mitbringen. "Key bombing" ist dem Autor zufolge eines der beliebten Branchen-Manöver in den USA, um es diesen unhöflichen Menschen heimzuzahlen: Beim Check-in werde die elektronische Zimmerschlüssel-Karte bewusst falsch programmiert, um den Gast entnervt zum Empfang zurücklaufen zu lassen, wo er sich dann auch schon mal in eine Warteschlange neu einreihen muss. Beliebt sei es auch, dem allzu forsch auftretenden Gast schlichtweg das schlechteste verfügbare Zimmer zu geben - selbst wenn ein kostenloses Upgrade zu einer Suite verfügbar gewesen wäre.

Versehentliche Weckrufe

Und wer sich ganz besonders unausstehlich gegenüber dem Personal gebe, müsse auch schon einmal mit einem "versehentlichen" Weckruf mitten in der Nacht rechnen. Beliebt sei es auch gewesen, die offen herumstehende Zahnbürste zu manipulieren.

"Hotelgäste wollen gerne Verruchtes tun", schreibt Tomsky - und das stelle für das Personal eine ganz besondere Herausforderung dar. An den Umgang mit offen herumliegender Reizwäsche, Kondomen oder sogar aufblasbaren Sexpuppen würden sich die meisten Mitarbeiter schnell gewöhnen. "Nach dem ersten Monat Arbeit ist dies Standard", sagte Autor Tomsky jetzt der "New York Post". Der Umgang mit Prominenten sei eine besondere Herausforderung - wie der Fall des namentlich nicht genannten Profi-Golfers zeigt, der sich auf dem Flur weiblichen Angestellten unsittlich näherte und dann - weil es die Sicherheitskameras aufgezeichnet hatten - des Hauses verwiesen wurde.

Macht des Trinkgeldes

Grundsätzlich gelte für die Gäste in den Hotels, in denen er gearbeitet hatte, immer noch: Wer sich freundlich zeige, erhalte oft den besten Service, das beste Zimmer - und die beste Chance, nicht kleinen Racheakten ausgesetzt zu werden. Man dürfe nicht die Macht unterschätzen, die eine 20-Dollar-Note ausüben könne, die am Front Desk beim Einchecken zusammen mit der Kreditkarte dem Angestellten zugeschoben werde. "Einige Gäste sind unsicher, dies zu tun," schreibt Tomsky, "aber es ist doch nicht ein Drogengeschäft!" Oft könne dies ein Upgrade oder zumindest einen Cocktail an der Bar sichern.

Wer kein Trinkgeld investieren wolle, könne immer noch anders punkten. Augenkontakt, ein "Bitte" oder ein "Dankeschön" würden sich oftmals auszahlen. Ganz wie im richtigen Leben . . .

Korrespondent

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