Flotte Ideen für die Straße

Von 
Uta-Caecilia Nabert
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© Kevin Gonsalves

Endlich habe ich einen Fahrradhelm gefunden, mit dem ich auch zu Beerdigungen fahren kann, sagte vor kurzem ein Pfarrer zu mir." Martin Joerchel von der Jugendverkehrsschule Mannheim setzt mir besagten Helm auf den Kopf. Er hat einen schwarzen Stoffüberzug und sieht aus wie eine Schirmmütze. Dezent ist er, nicht so grellglänzend wie viele herkömmliche Helme mit Plastikgehäuse.

Das Modell heißt "Metronaut" und ist die Antwort von Abus auf einen Trend, der aus Dänemark herübergeschwappt ist: Fahrradhelme in Form von Mützen. Ob Schirmmütze, Ballonhut, Chapka, Sherlock Holmes-Hut oder Schiebermütze. Die Bandbreite ist vielfältig, das System immer das Gleiche: Über einen schlichten Basishelm zieht der Radler die eigens dafür gefertigten Mützen und Hüte und fixiert sie mit Druckknöpfen. Die ersten Modelle hat die Firma Yakkay auf den Markt gebracht. Mittlerweile bieten die Unternehmen Casqu'En Ville, Abus und helt-pro ähnliche Helme an.

Aber in einer Sache unterscheiden sie sich von den normalen Mützen und Hüten: Sie sind deutlich voluminöser, denn sie können nicht auf die dicke Styroporschicht verzichten, die bei einem Unfall schützen soll. So wirkt etwa der "Metronaut" deutlich klobiger als eine normale Schirmmütze.

Alternative für Helmmuffel

Den Eindruck bestätigt Holger Stäbe vom Mannheimer Fahrradladen Stiepani: "Er ist zwar das Exemplar, das am meisten in die Hand genommen wird." Entweder sagten die Kunden dann: "Ha ha, guck' mal", oder: "Ah, dann könnte ich ja auch einen Helm tragen, wenn die so aussehen wie der." Aber: "Der meistverkaufte ist er nicht. Er sieht gut aus, aber doch eben anders. Die Leute trauen sich noch nicht", sagt Stäbe.

Anders sieht das Uta Ludwig-Stark. Seit zwei Jahren trägt sie Fahrradhelm. Sie hat drei Modelle, meistens wählt sie eines, das wie eine Ballonmütze aussieht. "Das passt fast zu allem, und ich finde, es steht mir gut." Wie Ludwig-Stark sagt, hat sie deswegen zu dem Schutz gegriffen, weil er ihr gefällt. Konventionelle Helme hat sie zuvor nie aufgesetzt.

Neben dem Ballonmützen-Überzug besitzt die Magdeburger Inhaberin eines Helmhandels noch einen aus schwarzem Lack. "Das sieht toll aus, wenn ich mal auffallen will." Im Winter ziehe sie eine Kunstpelzhaube über den Helm. "Natürlich sind sie durch ihre Schutzfunktion etwas größer als normale Hüte, aber man muss schon genau hinsehen, um das zu erkennen."

Um der Optik willen hat der Hersteller helt-pro sogar auf etwas Styropor bei der Herstellung verzichtet. Seine Cowboy- und Trachtenhüte, Pudelmützen und Damenkappen mit Schutzfunktion säßen dementsprechend nicht so "klobig auf dem Kopf", wie es auf der Internetseite heißt. Doch Vorsicht! Genau deswegen entsprechen die Helme nicht den EN-Normen.

Noch ein wenig origineller, ja geradezu verrückt wird es, geht der Blick weg von Europa und richtet sich nach Kanada: Dort verkauft ein Unternehmen Überzüge, die sich über jeden Kopfschutz - vom Fahrradhelm bis zur Reiterkappe - ziehen lassen. Kinder können sich so in Piraten, Prinzessinnen, Goldfische und andere Wesen verwandeln. Aber nicht nur sie. Auch Erwachsene können sich bei Tail Wags eindecken. Das geht soweit, dass die umweltbewusste Braut, die mit dem Rad zur Kirche fährt, ihren Schleier hier findet.

Kinder motiviere ihr Produkt, überhaupt einen Helm aufzusetzen, teilt Karyn Climans von Tail Wags mit. "Die Motivation der Erwachsenen ist es etwa, ein Statement abzugeben." Oft bestellten aber auch Gruppen, die an caritativen Radtouren teilnehmen, für die ganze Mannschaft den gleichen Überzug.

Doch Climans führt noch ein weiteres Kaufmotiv an: Die bunten Überzüge erhöhten im Grunde die Wirkung der Helme. Sie würden helfen, Unfälle zu vermeiden. "Denn wer so herumfährt, ist auffällig. Und Sichtbarkeit ist der Schlüssel zur Sicherheit."

Fahrradhelme mal anders

Yakkay: Die Helme gibt es in den Größen S bis XL. Jeder Größe ordnet der Hersteller ein Maß des Kopfumfangs zu: zum Beispiel Größe S=49 - 53 cm. Die Basishelme kosten 66 Euro. Entsprechen laut Händler der Europäischen Helmnorm EN 1078. Die Stoffüberzüge kosten jeweils 39 Euro.

Casqu'En Ville: Den Basishelm gibt es in den Größen XXS bis L. Auch hier ist jede Größe zusätzlich als Kopfumfang in Zentimetern angegeben. Kosten: 65 Euro. Entspricht laut Händler der Europäischen Helmnorm EN 1078. Das Cover kostet 39 Euro.

helt-pro: Die Wechselmützen kosten zwischen 32 und 55 Euro. Die Helme, bei denen jeweils schon ein Cover dabei ist, kosten 80 bis 110 Euro. Die Helme entsprechen laut Hersteller nicht den EN-Normen für Fahrradhelme.

ABUS, Modell "Metronaut": Der Helm in Schirmmützenform ist ab ca. 80 Euro erhältlich. Die Cover sind noch nicht einzeln zu kaufen. Entspricht laut Hersteller der Europäischen Helmnorm EN 1078.

Tail Wags: Kanadische Firma, die Stoffüberzüge für Helme vertreibt. Kosten durchschnittlich 40 bis 45 Dollar.

Herkömmliche Helme: Laut Martin Joerchel von der polizeilichen Jugendverkehrsschule Mannheim kosten sie für Kinder ab 30 Euro, für Erwachsene ab 45 Euro.

Internetseiten:

www.fahrradhelmexanders.de/

www.tail-wags.com/

www.helt-pro.com/

www.abus.de/

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