Mannheim. Es bleibt dabei. Am 12. Oktober 2030 will Jonathan Zelter die Mannheimer SAP Arena füllen. Da mögen zwischen der großen Ankündigung und dem jüngsten Konzert im Capitol die Corona-Pandemie, Inflation auf den deutschen Märkten und der Ausbruch des Kriegs in der Ukraine gelegen haben: Kunst ist schon lange nicht mehr so explizit als Stabilisator, als Wert von Verlass benannt worden wie durch den Wahl-Mannheimer.
Zugegeben, bis zum großen Abend in einer dann hoffentlich gut gefüllten Arena am Bösfeld mögen es noch satte sieben Jahre sein – doch dass Zelter-Fans nicht nur willens, sondern bestens dazu in der Lage sind, sich für das Erlebnis ihres Begehrs in Geduld zu üben, haben sie nicht zuletzt durch die x-fache pandemische Verschiebung eben dieses Abends längst unter Beweis gestellt.
Es macht vieles in diesen gut zwei Stunden vor fast ausverkauftem Haus den Anschein, dass Jonathan Zelter das nicht nur verstanden hat, sondern dieses Wissen auch in Handeln umzusetzen versteht. Das liegt nicht nur, aber auch an der hervorragenden Band, die Zelters klare, voluminöse Stimme trägt wie Flügel: kraftvoll, aber niemals dominant, melodisch kreativ, aber immer unterstützend. Es ist ein Fundament, auf das der 28-jährige Sänger nur noch das ganze Konstrukt seiner Poesie aufsetzen muss, um zu begeistern.
Leidenschaftlich, fast schon spielerisch lässt das klare Organ zwei Herzen „Parallel“ schlagen oder preist den „Löwenmut“, mit dem man sich bisweilen auch aus heiklen Situationen des Lebens zu befreien versteht. „Zweifellos“, so wird er es später selbst singen, hat es Zelters Materie nicht leicht. Die Deutsch-Pop-Konkurrenz zwischen Songwritern wie Max Giesinger, Mark Forster oder Philipp Poisel ist ebenso prominent, wie sie inhaltlich in der Szene bereits eingeführt ist.
Dennoch – oder vielleicht gerade deswegen – erlebt das Mannheimer Capitol einen Jonathan Zelter in Bestform, der, in fast schon lutherischer Klarheit, realisiert wie steinig sein Weg ist und sein wird, aber dennoch klarmacht, dass es eine echte Alternative nicht geben kann.
Emotional auf Arena-Niveau
„Mach, was du liebst“, wird Jonathan Zelter später am Abend singen und damit eine Formel beschwören, die dieser Philosophie selbst dann folgt, wenn die Herausforderungen jede Zuversicht zunächst überwiegen mögen.
Anders jedenfalls mag man sich auch kaum die Souveränität dieses jungen Mannes erklären, der über das Trigger-Thema psychischer Störungen derart offen spricht, dass er nicht nur seine eigene therapeutische Erfahrung teilt, sondern auch deutlich macht: „Es ist keine Schande, sich Hilfe zu holen, wenn die Seele schmerzt. Wäre die nämlich ein Zahn, würden wir nicht so ‘nen Aufriss machen – und einfach zum Zahnarzt gehen!“ Es ist ein motivierender, stärkender und tiefgründig selbstüberzeugter Gestus, der aus Bekundungen wie diesen ablesbar wird – und schließlich einer Musik Pate steht, die die Welt bewusst groß denkt und alles für möglich hält.
Auch, wenn sich anschließend vielleicht nicht alles bewahrheitet: Das Streben nach oben gilt es zu loben, was offensichtlich auch das Publikum des Capitols genauso sieht, das zum Finale einen Protagonisten feiert, der zumindest emotional schon einmal voll auf SAP Arena-Niveau abliefert.
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