Leichtathletik: Erster internationaler Titel sorgt für Freude / Trauer über Tod der Mutter ihres Trainers

Ariane Friedrich im Gefühls-Zwiespalt

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Turin. Die Kapuze ihres schwarzen Trainingsanzugs tief ins Gesicht gezogen, betrat Ariane Friedrich mit ernster Miene die Halle in Turin. Ihrem Trainer Günter Eisinger, der angespannt auf der Tribüne des Oval Lingotto saß, zeigte sie aber schon das Victory-Zeichen. Wenige Stunden später stand die Hochspringerin mit den blondierten Haaren stolz und strahlend auf dem obersten Treppchen.

Mit ihrem Triumph und Flug über 2,01 Meter bei den Leichtathletik-Europameisterschaften ließ die Frankfurterin ihren enttäuschenden siebten Platz von Olympia vergessen. "Echt Wahnsinn", sagte Friedrich. "Ich hatte zwar gehofft, dass es in diese Richtung geht, aber jetzt kann ich es noch gar nicht realisieren." Die 25-Jährige vergoss am Sonntagabend allerdings nicht nur Freudentränen. "Der Titel ist für seine Mama", sagte Friedrich und fing in den Katakomben des Oval Lingotto an zu weinen. Die Mutter ihres Trainers Günter Eisinger, der früher schon zum Betreuerstab von Olympiasiegerin Heike Henkel zählte, war vergangene Woche gestorben. "Auf der einen Seite ist das alles Wahnsinn. Aber wenn man bedenkt, dass es am Dienstag zur Beerdigung geht . . ." Die Beiden hatten sich in den vergangenen Tagen abgeschottet. Eine Halsentzündung hatte der Kommissaranwärterin bei der Landespolizei Hessen zusätzlich zu schaffen gemacht. "Am Montag habe ich echt die Krise gekriegt." Noch am Mittwoch nach der Anreise, so Eisinger, "hätte Ariane nicht antreten können". Beim Aufwärmen hatte sich die deutsche Meisterin, "trotz der starken Erkältung sehr, sehr gut gefühlt. Ich habe zu Günter gesagt: Heute geht was!"

Als einzige Finalistin überquerte Friedrich 2,01 Meter. Ihre härteste Rivalin Blanka Vlasic war da überraschenderweise schon nicht mehr dabei. Die beiden führen mit 2,05 die Weltjahresbestenliste an, doch die Kroatin scheiterte bereits an 1,96 und wurde nur Fünfte. Friedrich jubelte über ihren ersten internationalen Titel. "Günter und ich gehen jetzt erst einmal ein Eis essen", sagte sie nach ihrem coolen Auftritt. dpa

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