Vereinigte Staaten - Die Politik des neuen Präsidenten brüskiert nicht nur die Muslime / Menschen mit doppelter Staatsangehörigkeit sind davon ebenso betroffen - auch in Deutschland

US-Justizminister und Konzerne protestieren gegen Trump

Von 
Friedemann Diederichs
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In zahlreichen Städten der USA wie auch in Brüssel gab es gestern Demonstrationen gegen das Einwanderungsverbot - "Welome Refugees", "Flüchtlinge willkommen" lautete deren Motto.

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Sogar Parteifreunde von Donald Trump sprechen angesichts des Einreisestopps für Muslime von einem Fehler - doch der US-Präsident will nicht einlenken.

Donald Trump hielt einen Moment inne, bevor er schwungvoll seine Unterschrift unter die Einreisestopp-Beschlüsse setzte: "Das ist ein großes Ding", sagte er. In der Tat. Denn was bis gestern folgte, waren maximales Chaos, größtmögliche Konfusion und weitere Proteste in einem Land, dessen Bürger den neuen Präsidenten mehr und mehr als Enfant terrible empfinden.

Aber die Devise lautet: Augen zu und durch. Es werde kein Zurück geben, schließlich habe die Sicherheit der Nation Vorrang, so der Präsident. Obwohl gestern 16 Bundesstaats-Justizminister die Maßnahmen als "verfassungswidrig" brandmarkten und große Konzerne wie Starbucks und General Electric ebenfalls protestierten, betrachtet die US-Regierung die Dekrete als "massiven Erfolg". Die Daumenschrauben sollen sogar noch angezogen werden: Man erwägt offenbar, ausländische Besucher bei der Einreise bald nach ihren Social-Media-Gewohnheiten und Handy-Kontakten zu befragen - ein Blick auf Profilseiten bei Facebook oder Twitter inklusive. Wer sich dagegen weigere, komme eben nicht ins Land.

Widerstand in der eigenen Partei

Dabei ist der Widerstand selbst in der eigenen Partei gegen die jüngsten Einreisebeschränkungen erheblich. Die Senatoren John McCain und Lindsey Graham sprechen von Wunden, die sich die USA durch die Einreisestopps selbst zugefügt hätten. 14 weitere konservative Volksvertreter meldeten sich ebenfalls zu Wort. Senats-Mehrheitssprecher Mitch McConnell räumt ein, man sei "wohl zu weit gegangen" - schließlich sehe die US-Verfassung keinen Religionstest vor. Und der frühere Trump-Freund Rudolph Giuliani, bei der Kabinettsbildung übergangen, nimmt keine Rücksicht. Trump habe ihn angewiesen, legale Wege zu prüfen, alle Muslime zu bannen, so der frühere Bürgermeister von New York. Der frühere CIA-Chef Michael Morell warf Trump gestern in der "Washington Post" vor, "jeden Tag" zu lügen.

Die verheerende Außenwirkung addiert sich zur wenig vorteilhaften Bilanz der ersten Amtswoche, in der Trump mit dem Mauerbau zu Mexiko und der Idee von Strafzöllen, die am Ende doch vom US-Verbraucher zu tragen sein würden, schon für gehörigen Wirbel und Widerstand gesorgt hatte. Doch Trump scheint entschlossen, seine Wahlkampf-Vorschläge um jeden Preis und im Sprintertempo umzusetzen. Wichtigster Helfer ist Berichten zufolge sein Chefberater, der ultrarechte Agitateur Stephen Bannon. Der politische Novize und Globalismus-Gegner soll den Erlass zu den Einreise-Beschränkungen formuliert haben und erfuhr einen weiteren Machtzuwachs: Trump ordnete an, Bannon werde - entgegen der Gepflogenheit früherer Präsidenten - festes Mitglied des Nationalen Sicherheitsrats, der dem Präsidenten in allen wichtigen Fragen zur "Heimatsicherung" zur Seite stehen soll.

Für den so auf öffentlichen Beifall schielenden US-Präsidenten dürften die Aussichten in diesem Jahr angesichts dieses Starts wenig erfreulich sein. Die Proteste im eigenen Land werden kaum abebben, und bei seinen angekündigten Besuchen in London - wo eine Petition seine Einreise verhindern soll - und Hamburg werden ihn ebenfalls Demonstranten erwarten.

Merkel verschärft den Ton

Kritik schaltet Trump aber aus. "Es war ein guter Tag", sagte er gestern. Und mit Blick auf die vermeintliche Terrorgefahr: "Es gibt viele schlimme Kerle da draußen." Dann folgte ein Seitenhieb gegen den demokratischen Senator Charles Schumer, der auf dem New Yorker John-F.-Kennedy-Flughafen einer Flüchtlingsfamilie geholfen hatte - "Schauspielerei", sagte Trump.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat ihren Ton gegenüber Trump deutlich verschärft. "Das Vorgehen widerspricht nach meiner Auffassung dem Grundgedanken der internationalen Flüchtlingshilfe und der internationalen Kooperation", sagte sie gestern in Berlin. Das Bundeskanzleramt setze alles daran, für die betroffenen Doppelstaatler "die rechtliche Lage zu klären und deren Interessen zu vertreten". Nach Angaben des Innenministeriums von 2011 sind in Deutschland Zehntausende betroffen. (mit dpa)

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