Im Mannheimer Planetarium wird der Sternenhimmel annähernd so gezeigt, wie er ohne Lichtverschmutzung aussehen würde. Herr Theis, Frau Maintz, ist es da überhaupt wichtig, ob die Sterne draußen über der Stadt noch zu sehen sind?
Christian Theis: Auf jeden Fall. Zum einen ist der Sternenhimmel im Planetarium immer noch künstlich. Die Kuppel ist ja auch mit ihren 20 Metern Durchmesser wesentlich kleiner als das echte Sternenzelt. Zum anderen glaube ich, dass jeder, der den Sternenhimmel einmal gesehen hat, seine besondere Anziehung kennt.
Monika Maintz: Die Sterne sprechen auch einen Teil des Menschen an, der jenseits des Intellekts existiert. Der Anblick flößt uns großen Respekt ein und zeigt uns, dass wir uns als kleines Bausteinchen des Universums selbst nicht so wichtig nehmen sollten. Und das ist gut so.
Glauben Sie, dass die Sterne in Zukunft durch das viele Licht ganz verblassen werden?
Theis: Dass sie ganz verschwinden, glaube ich nicht. Aber viele der Planetariumsbesucher, besonders die Kinder, haben noch nie die Milchstraße gesehen.
Maintz: Und das ist nicht verwunderlich: Am Mannheimer Nachthimmel zum Beispiel sieht man ein paar Handvoll Sterne. Wenn es richtig dunkel ist, kann man mit bloßem Auge ein paar Tausend erkennen. Jeder Mensch sollte die Möglichkeit haben, zu sehen, wie seine Umwelt aussieht. Durch die Lichtverschmutzung verlieren wir ein Stück weit unseren Zugang zur Natur.
Wird gegen die Lichtverschmutzung vor Ort aktiv etwas unternommen?
Theis: Abschirmungen bei Straßenlaternen gibt es mittlerweile schon öfter. Es ist aber wahrscheinlich, dass das hauptsächlich der Energie- und Kosteneffizienz geschuldet ist, und weniger etwas mit dem Versuch zu tun hat, die Lichtverschmutzung zu reduzieren.
Maintz: Immerhin gibt es inzwischen auch mehr von den orange leuchtenden Natriumdampflampen, die für astronomische Beobachtungen weniger störend sind als die weißen Quecksilberdampflampen.
Auch Astronomen beklagen die Lichtverschmutzung. Was ist so spannend an der Erforschung des Kosmos?
Theis: In der Astronomie gibt es nach wie vor riesige Rätsel. Ein Stichwort sind Schwarze Löcher. Aber die Sternenforschung hat auch Tradition: Schon vor Hunderten von Jahren orientierte man sich an den Sternen, kannte Sternbilder. Das war ganz selbstverständlich.
Maintz: Für junge Menschen ist die Astronomie ein Türöffner zu den Naturwissenschaften und ein direkter Einstieg ins fächerübergreifende Lernen: Die Astronomie berührt viele andere Disziplinen wie Physik, Geologie, Chemie und Biologie.
Haben Sie eigene Projekte, um Menschen für das Thema Lichtverschmutzung zu sensibilisieren?
Maintz: Ja, wir machen zum Beispiel ein Schüler-Projekt zum Thema Lichtverschmutzung. Die Schüler messen im Rhein-Neckar-Raum die Himmelshelligkeit. Hier im Planetarium messen wir bei eingeschaltetem Sternenhimmel tatsächlich Bestwerte um 21. Zum Vergleich: Der dunkelste Ort, den die Schüler bisher draußen gemessen haben, war in Weisenheim bei Bad Dürkheim in der Pfalz mit etwa 19. Je höher der Wert, desto dunkler - also "besser" - der Himmel.
Welche Lichter stören die Dunkelheit denn ganz besonders?
Theis: Disko-Strahler sind der absolute Horror - und völlig überflüssig. Auch die Beleuchtung historischer Gebäude strahlt weithin, wenn sie schlecht gemacht ist. Aber immerhin geht die oft um Mitternacht aus. cel
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