Entlastungen

Noch Zweifel am Erfolg des 9-Euro-Tickets

Verkehrsunternehmen in der Region äußern sich zum Teil zurückhaltend

Von 
Bernhard Zinke und Kai Segelken
Lesedauer: 

Berlin/Bergstraße. Während die Politik und auch der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) das 9-Euro-Ticket als Erfolgsmodell feiern, wollen die Vertreter der Verkehrsunternehmen in der Metropolregion Rhein-Neckar erst noch die Umsatzzahlen und Ergebnisse weiterer Marktforschungen warten. Verlässliche Daten lägen erst Mitte oder Ende September vor, sagt der Geschäftsführer des Verkehrsverbundes Rhein-Neckar (VRN), Volkhard Malik: „Wir haben noch keine Kenntnis davon, wer die Ticketkäufer waren. Wir wissen noch nicht, ob es tatsächlich ein Erfolg war.“ Bereits nach dem ersten Monat hatte der VRN einen Verlust von 4,5 Millionen Euro durch entgangene Verkäufe anderer Fahrschein-Kategorien beziffert. Die Verluste bekommt der VRN erstattet. Aber auch da wisse man noch nicht, ob die 2,5 Milliarden Euro ausreichen, die der Bund für das Projekt zur Verfügung gestellt hatte. Malik bleibt bei seiner Haltung, dass man diese Summe besser und nachhaltiger in Straßenbahnlinien, neue Busse und höhere Betriebsleistungen investiert hätte.

Der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) hingegen zeigt sich mit dem Erfolg des 9-Euro-Tickets zufrieden. „Das 9-Euro-Ticket gehört zu den am heißesten diskutierten Themen des Sommers 2022. Alleine dadurch, dass der ÖPNV und seine Potenziale bei Politik und Bevölkerung im Gespräch sind, war das 9-Euro-Ticket ein großer Erfolg“, sagte RMV-Geschäftsführer Knut Ringat.

Neben mehr als einer Million Zeitkarten-Kunden, deren Fahrkarte automatisch zum 9-Euro-Ticket wurde, wurden in der dreimonatigen Gültigkeitsdauer 2,3 Millionen 9-Euro-Tickets im RMV verkauft. Marktforschungen ergaben, dass rund 30 Prozent der Fahrten durch Neukunden erfolgten.

Nachfolgeangebot wahrscheinlich

Die Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (RNV), die Bus- und Straßenbahnlinien in Mannheim, Ludwigshafen und Heidelberg betreibt, hat nach eigener Aussage insgesamt 435 000 9-Euro-Tickets verkauft. Auch hier seien die Fahrgastzahlen gestiegen, sagt RNV-Geschäftsführer Christian Volz. Dieser positive Trend sei jedoch nicht nur auf das Ticket zurückzuführen, sondern auch auf eine entspanntere Pandemie-Situation und einen grundsätzlichen Fahrgastzuwachs, der sich bereits vor dem Ausbruch von Corona abgezeichnet habe.

Beim 9-Euro-Ticket scheint eine Nachfolge-Regelung zunehmend wahrscheinlich. „Volker Wissing hat mich überzeugt: Er kann mit einem Bruchteil der Finanzmittel des 9-Euro-Tickets ein bundesweit nutzbares, digital buchbares Ticket realisieren“, schrieb Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) auf Twitter zu einem Foto, das ihn mit dem Bundesverkehrsminister zeigt.

Wissing pocht unterdessen auf eine Vereinfachung der Tarifstrukturen. „Die Menschen haben durch den Kauf dieser vielen Tickets darüber abgestimmt, dass es so nicht bleiben soll“, sagte der FDP-Politiker am Mittwoch im Deutschlandfunk mit Blick auf die Vielfalt an Tarifzonen und Verkehrsverbünden.

Für einen Nachfolger des 9-Euro-Tickets müssten aber zuerst die Struktur des Tickets und seine Finanzierung geklärt werden – und dann der Preis, so Verkehrsminister Wissing. (mit dpa)

Ressortleitung Teamleiter der Redaktionen Metropolregion und Südhessen Morgen

Redaktion Kai Segelken ist Redakteur beim Bergsträßer Anzeiger im Ressort Region.

Copyright © 2025 Bergsträßer Anzeiger