Lützerath/Mannheim. Die Bundesregierung hat die Räumung des Braunkohledorfs Lützerath im Rheinischen Revier verteidigt und Gewalt durch Demonstranten scharf kritisiert. Es gebe eine „eindeutige Rechtslage, was Lützerath angeht, und die gilt es zu akzeptieren“, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Mittwoch in Berlin. Die letzten noch anhängigen Klagen gegen einen Abriss des Dorfs zur Kohlegewinnung seien abgewiesen worden. „Insofern erwartet die Bundesregierung, dass das Recht eingehalten wird.“ Zugleich betonte Hebestreit, dass die Bundesregierung Gewaltakte von Klima-Aktivisten gegen Polizisten aufs Schärfste verurteile. „Dafür haben wir kein Verständnis.“
Die Polizei hatte am Mittwochmorgen mit der Räumung der von Aktivisten besetzten Ortschaft begonnen und war dabei auf teils heftigen Widerstand gestoßen. Nach Angaben der Beamten wurden zu Beginn des Einsatzes vereinzelt Molotow-Cocktails, Steine und Pyrotechnik in Richtung der Einsatzkräfte geworfen.
Grüne Jugend opponiert
Auch Innenministerin Nancy Faeser fand zu den Formen des Widerstands deutliche Worte. „Wer brennende Barrikaden errichtet oder sich in wackligen Baumhäusern versteckt, bringt sich selbst und die Einsatzkräfte in große Gefahr“, sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Hintergrund des Konflikts mit den Klima-Aktivisten ist das Ziel des Energiekonzerns RWE, die unter Lützerath liegende Kohle abzubaggern. Dafür soll der Weiler auf dem Gebiet der Stadt Erkelenz abgerissen werden. Im Gegenzug hatten die von den Grünen geführten Wirtschaftsministerien in Bund und Land NRW mit RWE einen auf 2030 vorgezogenen Kohleausstieg vereinbart. Außerdem sollen fünf bereits weitgehend leerstehende Dörfer am Tagebau Garzweiler in der Nachbarschaft erhalten bleiben.
Die seit Monaten in leerstehenden Häusern von Lützerath lebenden Aktivisten lehnen diesen Kompromiss ab und wollen sich der laufenden Räumung entgegenstellen. Unterstützung erhalten sie unter anderem von der Grünen Jugend, die sich mit ihrer Haltung offen gegen die Linie ihrer Bundes- und Landespartei stellt. Sowohl der grüne Nachwuchs in Nordrhein-Westfalen als auch die Bundessprecherin der Grünen Jugend, Sarah-Lee Heinrich, äußerten sich kritisch zum Kohle-Abbau im Rheinischen Revier.
Der Streit bewegt auch viele Mannheimerinnen und Mannheimer. Am Mittwochabend gab es auf dem Paradeplatz eine spontane Solidaritätskundgebung. Manche Mannheimer werden am Samstag auch zur geplanten Demonstration gegen die Räumung nach Lützerath fahren. Im Jahr 2023 „sollte gar keine Kohle mehr abgebaut werden, weil die Kohleverbrennung dem 1,5-Grad-Ziel im Weg steht“, erklärte Nina Wellenreuther, eine der beiden Grünen-Fraktionschefinnen im Mannheimer Gemeinderat. „Zu dieser Begrenzung des weltweiten Temperaturanstiegs hat sich Deutschland bekannt“.
Der Mannheimer Raúl Semmler vom Klimaschutz-Netzwerk Letzte Generation will nach eigenen Angaben am Samstag mit vielen Aktivisten aus der Region nach Lützerath fahren. „Die weitere Verbrennung von Kohle befeuert die Klimakatastrophe, und Lützerath steht symbolisch dafür“, so Semmler. imo/dpa
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