Berlin. Die umstrittene Gasumlage zur Stützung großer Gasimporteure steht angesichts einer möglichen Verstaatlichung des angeschlagenen Versorgers Uniper auf dem Prüfstand. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur „finanzverfassungsrechtliche Zweifel“. Auch soll Habeck demnach angedeutet haben, dass der Finanzierungsbedarf für die Gasversorger deutlich höher liege als noch bei der Aushandlung des ersten Rettungspakets für Uniper.
Es werde zunehmend deutlich, dass die instabile Lage „die Macht und die Garantie des Staates sowie alle Finanzkraft des Staates“ brauche, die nötig sei, heißt es nach dpa-Informationen. Die finale Prüfung und Zuständigkeit für das Finanzverfassungsrecht obliege aber dem Finanzministerium. Zuvor hatte das ARD-Hauptstadtbüro über die Bedenken Habecks berichtet. Nach einem Bericht von „Business Insider“ gilt die Einführung der Gasumlage aber auch bei einer Übernahme von Uniper als rechtlich möglich. Inzwischen gebe es neuere Gutachten, meldete „Business Insider“ am Dienstag unter Berufung auf Regierungskreise. Das Bundesfinanzministerium teilte am Abend auf dpa-Anfrage mit: «Es bestehen keine Rechtsbedenken. Wirtschaftsminister Habeck kann wie geplant die von ihm vorgeschlagene Gasumlage einführen.»
Gleichzeitig verdichteten sich am Dienstag die Hinweise, dass Uniper mehrheitlich vom Bund übernommen wird. Ein neues Stabilisierungspaket sieht einen Kauf der derzeit von Fortum gehaltenen Uniper-Aktien durch den Bund vor, wie Deutschlands größter Gasimporteur mitteilte. „Im Ergebnis ist vorgesehen, dass der Bund damit eine signifikante Mehrheitsbeteiligung an der Uniper erhält“, hieß es weiter. Geplant sei außerdem eine Kapitalerhöhung in Höhe von acht Milliarden Euro, die ausschließlich durch den Bund gezeichnet werden soll.
Das Unternehmen betonte gleichzeitig, dass eine finale Vereinbarung noch nicht geschlossen sei. Man befinde sich noch in abschließenden Gesprächen mit dem Bund und Fortum. Der finnische Energiekonzern Fortum hält derzeit knapp 78 Prozent an Uniper. Über den möglichen Kaufpreis wurde nichts bekannt.
Eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums hatte am Morgen auf Anfrage gesagt, natürlich müsse man auch im Blick behalten, wie der sich abzeichnende Stabilisierungsbedarf von systemrelevanten Unternehmen sich auf dem Gasmarkt auswirke, „welche Fragen er aufwirft und welche Antworten nötig sind“. Sie verwies darauf, dass Anpassungen an der geplanten Gasumlage vorgenommen würden und der Kreis der antragsberechtigten Unternehmen so reduziert werde.
LNG-Terminal geht in Betrieb
Die Vorsorge für den kommenden Winter kommt unterdessen voran: Trotz gestoppter Gaslieferungen aus Russland sind die deutschen Gasspeicher nach Daten der europäischen Speicherbetreiber inzwischen zu mehr als 90 Prozent gefüllt. Eine Verordnung sieht vor, dass sie am 1. November zu mindestens 95 Prozent gefüllt sein sollen. Die bei diesem Stand gespeicherte Gasmenge entspricht etwa dem bundesweiten Verbrauch im Januar und Februar 2022. Die Speicher gleichen Schwankungen aus und bilden so eine Art Puffersystem für den Gasmarkt.
Deutschland soll so besser mit dem Totalausfall russischer Lieferungen zurechtkommen. Zum Jahreswechsel sollen an der Nordseeküste Terminals zur Anlandung von verflüssigtem Erdgas (LNG) in Betrieb gehen. Auch in Lubmin an der Ostsee laufen Arbeiten für den Bau eines LNG-Terminals, das Anfang Dezember in Betrieb gehen soll. dpa
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