Kommentar

Genauso ernst zu nehmen

Auch wenn die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Nikolas Löbel kein großes Medienecho auslösen, sind sie dennoch ernst zu nehmen, meint Stefan Proetel.

Von 
Stefan Proetel
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Gerade hatte sich die bundesweite Aufregung um Maskendeals in Notzeiten mit satten Provisionen etwas gelegt. Nun hat der gestürzte ehemalige Mannheimer CDU-Bundestagsabgeordnete Nikolas Löbel erneut Ärger. Diesmal sind es keine Vorwürfe, die das Potenzial für ein weiteres riesengroßes Medienecho haben. Aber sie sind genauso ernst zu nehmen, weil sie zumindest auf lokaler Ebene ebenfalls das Vertrauen in Politik und Politiker enorm beschädigen könnten.

Es ist wichtig, die Nachrichten vom Mittwoch ein bisschen zu sortieren. Zunächst heißt die aktuelle Entwicklung, dass die zuständige Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart in den Anfang März bekanntgewordenen Maskendeals des ehemaligen Bundestagsabgeordneten keinen Anhaltspunkt dafür sieht, dass er dabei gegen das Gesetz verstoßen hat. Hin und wieder in der öffentlichen Debatte geäußerte Vermutungen, der Politiker könnte bei der Vermittlung der Ware aus China bestechlich gewesen sein, sind also vom Tisch. Abseits der rein juristisch-sachlichen Bewertung bleibt bei den Geschäften allerdings der moralisch-emotionale Aspekt. Der beinhaltet naturgemäß keine richterliche Bestrafung. Dennoch haben Löbel auch die notwendig gewordenen und – mehr oder weniger – selbstständig getroffenen Konsequenzen großen Schaden zugefügt: Sein Image ist bundesweit ruiniert, seine politische Karriere, die ihn nach ganz oben führen sollte, mit 34 Jahren zu Ende.

Nikolas Löbel sagte im vergangenen Herbst zu den Turbulenzen um die Kreisgeschäftsstelle der Mannheimer CDU, die Öffentlichkeit denke, es gebe große Verwerfungen. In Wirklichkeit handele es sich aber um viel Klein-Klein. Möglicherweise stimmt diese Einschätzung ja – sofern sie von jemandem stammt, der politisch gerne in anderen, viel höheren Sphären schwebte.

Dennoch wären die Punkte, sollten sie sich bewahrheiten, keine Unregelmäßigkeiten aus der Schublade „Klein-Klein“ – sondern Straftaten wie Untreue. Der Konjunktiv ist an dieser Stelle wichtig. Denn die Staatsanwaltschaft könnte am Ende der Ermittlungen gegen Löbel das Verfahren einstellen – sollte sich kein hinreichender Tatverdacht erhärten. Der ehemalige Bundestagsabgeordnete wäre damit juristisch entlastet.

Fazit des gestrigen Tages: Es gibt im Zusammenhang mit der CDU-Kreisgeschäftsstelle derzeit einen konkreter gewordenen Anfangsverdacht gegen Nikolas Löbel. Nicht mehr. Aber auch nicht weniger.

Ehemalige Mitarbeit Ressortleiter Lokales/Regionales und Mitglied der Chefredaktion

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