Masken-Geschäfte - Der Mannheimer Bundestagsabgeordnete gibt seine politischen Mandate zum 31. August ab

CDU fordert Löbel zu sofortigem Rückzug auf

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Marco Pecht , Stefan Proetel und Timo Schmidhuber
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Nikolas Löbel bei einem Interviewtermin im vergangenen September in der Kreisgeschäftsstelle der CDU Mannheim. © Christoph Blüthner

Mannheim/Berlin/Stuttgart. Der Mannheimer CDU-Bundestagsabgeordnete Nikolas Löbel hat mit seiner Entscheidung, sich erst zum 31. August 2021 aus allen politischen Ämtern zurückziehen, für große Entrüstung gesorgt. So forderten ihn beispielsweise der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) zum sofortigen Rücktritt auf. Der CDU-Vorsitzende Armin Laschet sagte, „wer als Volksvertreter versucht, in dieser Krise für sich persönlich Geld zu verdienen, muss das Parlament unverzüglich verlassen“.

Löbel hatte am Freitag eine Beteiligung an umstrittenen Geschäften mit Corona-Schutzmasken eingeräumt. Er gab zu, dabei 250 000 Euro an Provision eingenommen zu haben. Beliefert wurden die Unternehmen Avendi Seniorenheime in Mannheim und die SRH Holding in Heidelberg.

„Unnötige Hängepartie“

Löbel wandte sich am Sonntag in einer Stellungnahme an die Öffentlichkeit. Er entschuldigte sich darin „bei allen Bürgerinnen und Bürgern“ dieses Landes und gestand ein, die Ansprüche an seine Ämter verletzt zu haben. Der 34-Jährige kündigte zudem an, sein Bundestagsmandat Ende August niederzulegen und auch nicht – wie geplant – für den nächsten Bundestag zu kandidieren. Zugleich werde er seine Mitgliedschaft in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion sofort beenden.

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Sein Stadtratsmandat in Mannheim will Löbel ebenfalls zum 31. August niederlegen. Als Vorsitzender des CDU-Kreisverbands trat er noch am Sonntag zurück. Auf Anfragen dieser Redaktion unter anderem nach den Gründen für seinen späten Ausstieg reagierte Löbel am Sonntag nicht. Am Freitagabend hatte sich der Abgeordnete zunächst nur aus dem Auswärtigen Ausschuss des Bundestags zurückgezogen.

Auch vonseiten seines Kreisverbands gab es am Sonntag heftige Kritik: „Wir fordern und appellieren an ihn, diesen Rückzug von allen Ämtern und Mandaten bis spätestens 31. März 2021 zu vollziehen, um allen Beteiligten eine unnötige Hängepartie zu ersparen“, teilte der Kreisvorstand der CDU Mannheim am Sonntag nach einer Sitzung mit.

In der Mitteilung hieß es auch, man wolle „zeitnah“ eine personelle Neuaufstellung des Kreisverbands angehen. Praktisch nichts war am Sonntag aus der CDU darüber zu hören, wer Löbel als Kreis-Chef und Bundestagskandidat nachfolgen könnte. Der CDU-Fraktions-Chef im Gemeinderat, Claudius Kranz, erklärte, er stehe für beide Posten nicht zur Verfügung. Nachrücker für Löbel im Gemeinderat ist der derzeitige Landtagskandidat im Mannheimer Süden, Alfried Wieczorek. Er kündigte an, das Mandat auch annehmen zu wollen.

Mannheims Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) teilte auf Anfrage mit, der Rücktritt Löbels sei „die einzig denkbare Konsequenz“. Löbel sei „der Verantwortung und besonderen moralischen Verpflichtung, die sich mit dem Amt eines Bundestagsabgeordneten und direkt gewählten Vertreters unserer Stadt verbindet, nicht gerecht geworden“. Von mehreren Mannheimer Parteien kam Kritik, dass sich Löbel mit seinem Rückzug von Bundestags- und Stadtratsmandat so lange Zeit lasse.

Auch dem baden-württembergischen CDU-Landeschef Thomas Strobl reichen die Ankündigungen Löbels nicht: „So, wie jetzt geplant, entspricht das nicht meinem Verständnis von Verantwortung.“ Und: „Richtig wäre ein konsequenter, sofortiger Rückzug aus allen Ämtern. Da gibt es kein Vertun.“ Der Sachverhalt müsse „absolut lückenlos aufgeklärt“ werden. „Abgeordnete als Krisengewinner für die eigene Tasche – das geht gar nicht.“ Der Chef der Südwest-Landesgruppe im Bundestag, Andreas Jung, erklärte, ein „harter Schnitt“ sei unumgänglich.

Jung: Verheerendes Signal

Der Mannheimer Wahlforscher Matthias Jung bezeichnete im Interview mit dieser Redaktion die Affäre mehrerer Unions-Bundestagsabgeordneter um die Beschaffung von Schutzmasken als „Erschütterung der Grundlagen unserer demokratischen Kultur“. Jung: „Das ist natürlich ein ganz verheerendes Signal – gerade in einer Situation, in der die Unzufriedenheit mit dem Krisenmanagement durch Mangelerscheinungen gekennzeichnet ist.“ Erst habe es zu wenige Schutzmasken gegeben, dann Probleme beim Impfmanagement und nun bei den Schnelltests. Jung geht davon aus, dass die Affäre bei der Landtagswahl am Sonntag das Ergebnis der CDU in Mannheim beeinflussen wird.

Vor Löbel hatte in der Masken-Affäre der bisherige Unions-Fraktionsvize Nüßlein im Fokus gestanden. Er teilte am Sonntagabend mit, er sei mit sofortiger Wirkung aus der Fraktion ausgetreten, wolle sein Bundestagsmandat aber bis zum Ende der Wahlperiode behalten. (mit dpa)

Redaktion Nachrichtenchef

Ehemalige Mitarbeit Ressortleiter Lokales/Regionales und Mitglied der Chefredaktion

Redaktion Stellvertr. Leiter der Lokalredaktion Mannheim

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