Leimen. Auf der großen TV-Bühne ist Weltstar Boris Becker nach 231 Tagen in britischer Haft ganz bei sich. Vor den Augen von 1,55 Millionen Zuschauern zeigte sich der aus Leimen stammende Tennis-Star bei seinem ersten Auftritt in der Öffentlichkeit emotional. Äußerlich sichtbar verändert erzählte der einstige Ausnahmesportler – von Momenten der Rührung unterbrochen – im am Dienstagabend ausgestrahlten Sat.1-Interview von lebensgefährlichen Situationen, persönlichen Momenten mit seiner Partnerin Lilian De Carvalho Monteiro und von seinem spirituellen Weg.
Geld fürs Interview
Dass Sat.1 dem dreifachen Wimbledonsieger für das Gespräch Geld bezahlt hatte, stellte Moderator Steven Gätjen gleich zu Beginn klar. Becker war Ende April zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden, weil er seinem Insolvenzverwalter Vermögenswerte in Millionenhöhe verschwiegen hatte, was er nun freimütig einräumte. Jetzt braucht Becker Geld, um sich ein neues Leben aufzubauen. In seine Wahlheimat London kann er für längere Zeit nicht zurückkehren. Dass er überhaupt bereits nach siebeneinhalb Monaten in Freiheit kam, ist aber kein Promibonus, sondern liegt an einer Sonderregel für ausländische Häftlinge.
Voller Respekt sprach Becker über seine Erlebnisse hinter Gittern. Immer wieder betont er seine guten Kontakte zu einigen anderen Häftlingen – und die eilten ihm in einigen schwierigen Situationen auch zu Hilfe. Schmutzige Zellen und Morddrohungen – „Da hatte ich mal wirklich eine sogenannte Altercation (heftige Auseinandersetzung) mit einem Häftling, der wollte mich umbringen“ – auf der einen Seite. Andererseits aber auch viel Glück mit freundlichen Häftlingen, dazu Jobs als Lehrer und als Fitnesscoach.
Einst war er eine große Nummer, im Gefängnis wurde er nur noch A2923EV genannt, wie Becker berichtete. Er hat viel erlebt – und teilt seine Erfahrungen ausgiebig mit.
Er habe zum Stoizismus gefunden, erzählte Becker in einem seiner minutenlangen Monologe. Rund 140 Minuten lang, inklusive Werbepausen, berichtete er darüber, dass er sein Leben umgekrempelt habe. Das erinnert an den Titel der Zeitschrift „Stern“, der Becker Ende 2001 ein Interview gab: „Ich habe meine Lektion gelernt.“ dpa
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