30 Prozent. Diese Zahl könnte für den Artenschutz das werden, was das 1,5 Grad-Ziel für den Klimaschutz ist. Nach wochenlangem Ringen und Feilschen hat sich die Staatengemeinschaft endlich auf ein Naturschutzabkommen einigen können. Der größte Erfolg: Bis 2030 sollen 30 Prozent der weltweiten Land- und Meeresflächen unter Schutz stehen. Auch wenn das globale Regelwerk den Naturschutzverbänden nicht weit genug geht: Es ist ein riesiger Schritt in die richtige Richtung.
Lange Jahre galt der Artenschutz als rein exotisches Problem. Elefanten waren gefährdet, Tiger, Meeresschildkröten. Dass die Zerstörung der Biodiversität auch vor unsere eigenen Haustür passierte, wurde gerne verdrängt. Doch selbst als das Artensterben hierzulande nicht mehr zu übersehen war, ging es fast immer nur um einzelne größere Tiere, zum Beispiel um die Haubenlerche oder den Feldhamster.
Das Sterben – rund eine Million der acht Millionen Arten auf der Erde sind bedroht – geht aber viel weiter. Und es stellt eine existenzielle Bedrohung für uns Menschen dar. Schon jetzt gefährdet die sinkende Anzahl von Insekten, die unsere Feldfrüchte bestäuben, die Nahrungsmittelproduktion. Durch die Abnahme von bodenbildenden Organismen drohen die Böden nährstoff-ärmer zu werden.
Die industrielle Landwirtschaft, die riesigen Fischfangflotten, aber auch wir Verbraucher und Verbraucherinnen mit unserem Kaufverhalten haben die Natur derart ausgebeutet, dass das Ökosystem ins Wanken geraten ist. Dabei wurde eines nicht bedacht – oder zumindest verdrängt: Auch wir sind Teil dieses Ökosystems, auch wir hängen davon ab, dass es funktioniert.
Große Schutzflächen an Land wie unter Wasser bieten nun erstmals die Möglichkeit, dass sich Bestände erholen, dass eine echte Trendwende hin zur Bewältigung der Biodiversitätskrise stattfindet. Das sind wir nicht nur der Pflanzen- und Tierwelt schuldig, sondern vor allem den kommenden Generationen. Wenn sie auf diesem Planeten noch eine vernünftige Lebensgrundlage vorfinden sollen, dann müssen zwei Dinge gestoppt werden: die Erderwärmung und das Artensterben. Für beide Bereiche sind die ersten Schritte getan. Jetzt müssen den Worten deutlich mehr Taten folgen.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/deutschland-welt_artikel,-thema-des-tages-artensterben-muss-auch-hier-gestoppt-werden-_arid,2031924.html
Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Artensterben muss auch hier gestoppt werden
Madeleine Bierlein freut sich, dass es endlich ein globales Naturschutzabkommen gibt. Doch jetzt müssen den Worten endlich mehr Taten folgen