Gesundheit

Reform soll Kliniken entlasten

Ein neues Gesetz nimmt den wirtschaftlichen Druck von den Krankenhäusern, doch es gibt viele Kritiker und Kritikerinnen

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dpa
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Berlin. Mehr Geld für die Kinderversorgung, weniger unnötige Klinik-Übernachtungen, Entlastungen für Pflegekräfte: Der Bundestag hat am Freitag ein Gesetzespaket der Ampel-Koalition beschlossen, das die Krankenhäuser in Deutschland stärker von wirtschaftlichem Druck lösen soll. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sagte: „Nicht mehr ökonomischer Zwang, sondern medizinische Notwendigkeit soll künftig in den Kliniken über die Behandlung entscheiden.“ Die Krankenhäuser verlangten eine umfassender gesicherte Finanzierung, Vertreter der Pflegeberufe dringende Lösungen gegen Fachkräftenot.

Mit dem Gesetz beginne „nicht weniger als eine Revolution“ in der Finanzierung der Krankenhäuser, sagte Lauterbach. „Wir haben das Gleichgewicht verloren zwischen Medizin und Ökonomie.“ Das jetzige System betone „billig und Menge“. Man könne in Krankenhäusern aber nicht mit den gleichen Regeln vorgehen wie im Lebensmitteldiscounter. Von der Opposition kam Kritik. Unions-Gesundheitsexperte Tino Sorge (CDU) sprach von einem „Krankenhaus-Belastungsgesetz“. Mit starren Personalvorgaben würden Pflegekräften neue Daumenschrauben angesetzt. Bei geplanten Tagesbehandlungen seien Haftungsfragen ungeklärt.

Den Plänen stimmte die Koalition von SPD, FDP und Grünen zu, Union und Linke votierten dagegen, die AfD enthielt sich. Kernpunkte des Gesetzes, das noch in den Bundesrat kommt, sind unter anderem Tagesbehandlungen. Bestimmte Klinikuntersuchungen sollen künftig auch ohne Übernachtung möglich und von den Krankenhäusern abzurechnen sein. Das soll tagsüber mehr Kapazitäten beim Pflegepersonal schaffen, wenn Nachtschichten nicht mehr besetzt werden müssen.

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Von
Julia Emmrich
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Für bessere Bedingungen bei den oft überbelasteten Pflegekräften soll ein neues Instrument zur Personalbemessung kommen – ausgehend von errechneten Idealbesetzungen für die Stationen, wie das Ministerium erläuterte. Vorgesehen ist eine schrittweise Einführung des Pflegeschlüssels, beginnend mit einer Testphase ab 1. Januar 2023. Ab 2025 soll die Personalbemessung dann scharf gestellt und auch sanktioniert werden.

Die Techniker Krankenkasse kritisierte, das Instrument löse kein einziges Problem in der Pflege – im Gegenteil. Vorstandschef Jens Baas sagte: „Statt neuer Kolleginnen und Kollegen wird die geplante Pflegepersonalbemessung den Pflegekräften jede Menge zusätzlichen Bürokratieaufwand bescheren.“

Für Kinderkliniken sollen 2023 und 2024 jeweils 300 Millionen Euro mehr fließen. Garantiert werden soll damit das Erlösvolumen der Vor-Corona-Zeit von 2019, auch wenn Kliniken tatsächlich nur 80 Prozent davon erzielen. Die Finanzierung soll so auch unabhängiger von der leistungsorientierten Logik werden.

Um das Netz der Kliniken mit Geburtshilfeabteilungen zu erhalten, sollen die Länder zusätzliches Geld bekommen – und zwar jeweils 120 Millionen Euro für 2023 und 2024. Die Personalkosten für Hebammen sollen ab 2025 umfassender abgesichert werden.

Das Gesundheitsministerium sieht das Gesetzespaket als „kleine“ Krankenhausreform – eine große will Lauterbach kommenden Dienstag vorstellen. Erklärtes Ziel: die „Überwindung“ des generellen Finanzierungssystems über Pauschalen für Behandlungsfälle. Es habe sich mittlerweile so verselbstständigt, dass es zulasten der Qualität der Versorgung gehe, argumentierte Lauterbach. Das liege an einem „Hamsterrad-Effekt“: Nur mit einer Steigerung der Fallzahl könnten Kliniken das Budget halten oder erhöhen. Das soll sich ändern. dpa

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