Stuttgart. Erst rauf, dann runter und jetzt wieder rauf? Schüler und Eltern sind verunsichert, weil sich immer mehr Kinder und Jugendliche mit dem Coronavirus anstecken. Die Zahl ihrer Ansteckungen liegt laut Landesgesundheitsamt deutlich über dem landesweiten Schnitt. Deshalb wollen sie die Maskenpflicht in den Klassenzimmern zurück und haben sich für die vehemente Forderung auch einige Lehrer mit ins Boot geholt. Dabei war die Pflicht zur Mund-Nase-Bedeckung in den Schulstunden erst vor wenigen Wochen aufgehoben worden.
"Der Versuch, auf Masken im Unterricht zu verzichten, hat zunehmend mehr Corona-Ausbrüche an unseren Schulen verursacht", heißt es in einer am Donnerstag veröffentlichten Stellungnahme von Landesschülerbeirat, Landeselternbeirat, Philologenverband und Realschullehrerverband. Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und die SPD stimmten der Forderung zu.
Das Kultusministerium zeigte sich offen und will eine erneute Maskenpflicht von der Lage in der kommenden Woche abhängig machen. Eine vorzeitige Rückkehr schließt Baden-Württembergs Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) aber nicht aus. Die Zahl der infizierten Schülerinnen und Schüler habe zuletzt parallel zum Anstieg des gesamten Infektionsgeschehens zugelegt, sagte sie. In der Woche nach den Herbstferien würden die Ansteckungszahlen in den Schulen daher sehr genau beobachtet. "Dass wir dann auch kurzfristig die Maskenpflicht am Platz wieder einführen, behalten wir uns ausdrücklich vor", sagte Schopper.
Im Südwesten müssen Schüler im Unterricht seit dem 18. Oktober keinen Mund- und Nasenschutz mehr tragen, wenn sie an ihrem Platz sitzen. Auch Lehrerinnen und Lehrer können im Unterricht auf die Maske verzichten, sofern sie den Mindestabstand von 1,5 Metern zu den Schülerinnen und Schülern einhalten. Überall sonst im Schulgebäude muss weiterhin eine Maske getragen werden. In Grundschulen entfällt die Pflicht im Klassenzimmer komplett.
Ein Schutz am Platz muss laut Kultusministerium wieder getragen werden, wenn die Corona-Alarmstufe des Landes greife, hieß es. Sie tritt nach der Corona-Verordnung des Landes in Kraft, sobald 390 Covid-19-Patienten an zwei aufeinanderfolgenden Werktagen auf Intensivstationen behandelt werden oder die sogenannte Hospitalisierungsinzidenz an fünf Werktagen in Folge bei 12 liegt. Auch wenn es in einer Klasse einen positiven Corona-Fall gibt, müssen die Schüler der jeweiligen Lerngruppe oder Klasse die Masken an ihren Plätzen wieder aufsetzen.
Die Schulen müssten offene und zugleich sichere Orte bleiben, forderten die Beiräte und Verbände nun in ihrer Stellungnahme. Allerdings habe es an vielen Schulen Quarantänemaßnahmen gegeben, es sei massiv Unterricht ausgefallen. Deswegen sollten nach den Herbstferien wieder Masken im Unterricht getragen werden.
"Der Versuch, aus pädagogisch-psychologischen Erwägungen heraus die Maskenpflicht im Unterricht abzuschaffen, ist durch das Wiederaufflammen des Pandemiegeschehens vorerst gescheitert", heißt es bei den Verbänden. Das zeigten auch die Inzidenzen der 5-14-Jährigen in den Bundesländern ohne Maskenpflicht. "Masken im Unterricht helfen stark, Ansteckungen zu vermeiden", schreiben die Schüler, Eltern und Lehrerverbände.
Bei Kindern und Jugendlichen im Südwesten breitet sich das Coronavirus derzeit besonders stark aus. Die Fallzahlen in den Altersgruppen "6 bis 9 Jahre" und "10 bis 19 Jahre" lagen zuletzt weit über dem landesweiten Schnitt, wie aus Daten des Landesgesundheitsamts (LGA) in Stuttgart hervorgeht. So betrug die Zahl der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen bei Kindern im Alter von sechs bis neun Jahren in der vergangenen Meldewoche 264. Bei den Kindern und Jugendlichen zwischen 10 und 19 Jahren lag die Sieben-Tage-Inzidenz mit 286 noch höher. Die landesweite Inzidenz betrug zur selben Zeit insgesamt 171.
Die GEW will sich nicht an den Zahlen festhalten. "Auch wenn kaum Kinder und Jugendliche schwer erkranken, wissen wir noch viel zu wenig über Langzeitfolgen einer Covid-Infektion", sagte Monika Stein, die Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), auf Anfrage. "Warum jetzt unnötig ins Risiko gehen? Vor einem Jahr haben wir es im Dezember bereut, dass wir im Herbst nicht vorsichtiger waren." Masken und regelmäßige Tests seien richtig und wichtig, um Schulen vor Infektionen zu schützen. "Wir schlagen vor, die Maskenpflicht beizubehalten."
Das sieht auch die SPD so. Deren Partei- und Fraktionschef Andreas Stoch warf der Regierung Fehler vor und sagte: "Was es jetzt braucht, ist in der Tat eine Maskenpflicht ab dem ersten Schultag nach den Herbstferien. Und diese Pflicht muss so lange gelten, bis das Infektionsgeschehen wieder deutlich und nachhaltig zurückgegangen ist."