Mannheim. Der Ausbildungsmarkt schrumpft, die Coronakrise hat ihm mächtig zugesetzt. Bereits im vergangenen Jahr ist die Zahl der Azubi-Verträge um elf Prozent zurückgegangen, und auch für dieses Jahr haben die Unternehmen deutlich weniger Ausbildungsplätze angemeldet. Ein Fehler, mahnt Friedrich Hubert Esser, Präsident des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) in Bonn.
„Bilden wir jetzt wenig oder gar nicht aus, dann haben wir in zwei, drei Jahren, wenn die wirtschaftliche Entwicklung wieder nach oben geht, in diesen Branchen ein verstärktes Fachkräfteproblem“, sagt Esser in einer neuen Folge des Podcasts „Leben in Zeiten von Corona“. Gerade in Branchen wie Gastronomie, Hotellerie, Einzelhandel und Handwerk habe es schon vor der Pandemie einen Fachkräftemangel gegeben. „Ich würde die Prognose wagen, dass die Menschen, sobald sie wieder essen gehen oder verreisen dürfen, dies verstärkt tun werden. Die Betriebe werden also viel zu tun haben und dann werden sie Fachkräfte und Auszubildende brauchen.“
Esser hat selbst Bäcker gelernt und sein Abitur auf dem zweiten Bildungsweg abgelegt. Er betont den Wert einer Ausbildung: „Wir haben seit 2012 den Deutschen Qualifikationsrahmen, und der spiegelt die Gleichwertigkeit der beruflichen mit der akademischen Ausbildung wider. Der Handwerksmeister beispielsweise ist dem Niveau 6 zugeordnet, genauso wie der Bachelor an der Fachhochschule oder Universität.“ Dass aktuell viele Schulabgänger, die unter erschwerten Bedingungen ihr Abitur oder ihre mittlere Reife abgelegt haben, nun erst einmal durchatmen wollen, kann Esser nachvollziehen: „Wir wissen aus den Rückmeldungen der Industrie- und Handelskammern und auch den Handwerkskammern, dass es – man hat schon den Begriff geprägt – bei jungen Leuten eine Corona-Pause gibt. Viele sagen bewusst ,Ich warte jetzt erst einmal ab, wie sich das entwickelt, und entscheide mich dann´. Das kann man auch ein Stück weit verstehen, und die Unternehmen werden den jungen Leuten diese Lücke im Lebenslauf sicherlich nicht vorhalten.“
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