Als Wahrzeichen der BASF-Stadt Ludwigshafen und Erinnerung an das Wirtschaftswunder stach das Engelhorn-Hochhaus Jahrzehnte lang in den Himmel der Rhein-Metropole. Im vergangenen Jahr wurde es abgerissen. Ein neuer Bürokomplex soll auf der freigewordenen Fläche entstehen. Doch das dem Erdboden gleichgemachte Gebäude war kein ganz alltägliches, weder für das Unternehmen noch für viele Bewohner der Stadt.
Die Geschichte des Engelhorn-Hochhauses begann in den 1950er Jahren, als der Chemie-Konzern ein Gebäude in Auftrag geben ließ, das es so in Deutschland noch nie gegeben hatte. Das bis dato höchste Bürogebäude im Land symbolisierte Fortschritt durch Arbeit und Forschung sowie den selbstbewussten Neuanfang der Industrie nach den Weltkriegen. Nach relativ kurzer Bauzeit und mit relativ geringen Mitteln wurde der 28 Etagen und 102 Meter hohe Komplex eingeweiht. Von nun an erkannten Neuankömmlinge Ludwigshafen schon von der Autobahn aus an den großen Lettern im Himmel: BASF.
Doch so wie jedes noch so sicher geglaubte Schiff sinken kann, so kann auch ein Wahrzeichen des Fortschritts zum Sanierungsfall werden. Diese ernüchternde Erkenntnis kam für den Chemiekonzern im Jahr 2008. Während Reparatur- und Erneuerungsarbeiten wurden Schadstoffe in den Wänden festgestellt. Vor allem handelte es sich um Asbest und polychlorierte Biphenyle (PCB). 2012 räumten die 800 im Hochhaus tätigen Mitarbeiter ihre Schreibtische, um in auf fünf Jahre geplante Zwischenstationen auszuweichen. Die meisten arbeiteten von nun an in Mannheim-Neckarau.
Über die genauen Kosten der aufwendiger werdenden Sanierungsarbeiten schwieg sich die BASF zunächst aus. Doch schon im November 2012 war von einem dreistelligen Millionenbetrag die Rede. So viel Geld wollte der Konzern nicht zahlen. Er stellte einen Antrag bei Stadt und Denkmalschutzbehörde: DasGebäude solle abgerissen werden.
In der Metropolregion entbrannte eine Diskussion. Die Architektenkammer des Landes Rheinland-Pfalz etwa sprach von einem "großen Verlust für die Stadt". Die BASF gab an, den Abriss zu bedauern. Man sehe aber keine Alternative. Schließlich stimmte die Stadt dem Abriss zu. Stockwerk für Stockwerk schrumpfte das Hochhaus. Im November 2014, knapp 60 Jahre nach seiner Einsetzung, wurde der Grundstein gefunden. Darin befand sich eine Metallkassette mit dem Geschäftsbericht 1953, eine Tageszeitung von 1954 und eine Flasche 1953er Deidesheimer Kieselberg Riesling Auslese. Sie könnte zum Jubiläum geöffnet werden. Was vom Wahrzeichen des Fortschritts bleibt, sind Erinnerungen und 50 000 Tonnen Bauschutt.
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