Wenn der Koch, Landwirt und Winzer Martin Waßmer aus Schlatt (Markgräflerland) einer Soße Saures gibt, will er nicht Zitrone schmecken, sondern Säure. Dafür hat er sich eines historischen Gewürzmittels erinnert, das vor 500 Jahren in Frankreich populär war. Verjus (grüner Saft) oder auch Agrest genannt ist der gepresste Saft unreifer Trauben, der als Essig-Ersatz in der Küche benutzt wurde.
Wie so viele kulinarische Produkte und Gerichte verdanken wir auch Verjus einer nachhaltigen Denke. Bekanntlich müssen Winzer aus Qualitätsgründen ihre Reben ausdünnen, sonst haben die Trauben keinen Mumm. Was tun mit den ausgelesenen Beeren? Die guten und gesunden nimmt man für Verjus, die anderen überlässt man den Vögeln, wie es Waßmer macht. Der Winzer hat seine Müller-Thurgau-Trauben weit vor der Zeit geerntet, da waren die Beeren "fest wie Kugellager" und arm an Saft. Das Resultat ist aber beachtlich, schmeckt ungemein frisch und lebendig ohne die typische Spitze der Säure. Der süße Anteil ist verschwindend gering, da er nur 20 Grade Öchsle beträgt. Alkohol? Fehlanzeige und das macht es für alle interessant, die für Abstinenzler, Muslime oder auch Kinder kochen, denn normalerweise verkocht Alkohol nie ganz in der Soße. Ein bisschen davon bleibt immer übrig.
Mit seinem Nischenprodukt verfeinert Waßmer Salate sowie Fisch- und Fleischsoßen. Wer mit Verjus würzt, hat nicht nur pure Aromen, sondern auch einen schönen Nebeneffekt. Wer Wein nicht für die Soße nimmt, hat mehr im Glas.
Verjus
Flasche 0,375 Liter für 5,50 Euro. Weingut Martin Waßmer, Schlatt, Telefon: 07633/15292, www.weingut-wassmer.de
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/archiv_artikel,-archiv-nischenprodukt-mit-nebeneffekt-_arid,455482.html