Kunstprojekt

Künstler Vinci Vince: Graffiti-Workshop für Mannheimer Schüler

Der weltweit arbeitende Künstler Vinci Vince leitet einen Graffiti-Workshop mit Schülern der Mannheimer Keplerschule zum Thema Zusammenleben. Wie die Schüler damit einen Beitrag für Toleranz und Verständnis leisten

Von 
Valerie Gerards
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Schüler der Johannes Kepler Gemeinschaftsschule beim Graffiti-Workshop mit Vinci Vince und ihrer Lehrerin Cosima Heß-Becker (links). © Valerie Gerards

Mannheim. Die Johannes Kepler Gemeinschaftsschule in den Mannheimer Quadraten verwandelte sich am Dienstag in ein Zentrum kreativer Ausdrucksformen: Der französische Graffitikünstler Vinci Vince leitete einen inspirierenden Graffiti-Workshop für die Französisch-Schüler der Klassen sieben bis zehn, der im Rahmen der Jugendprojekte des Institut français Mannheim stattfand. Diese Initiative, unterstützt durch die Landesförderung, bot den Schülern die einzigartige Gelegenheit, mit einem Graffitikünstler von Weltrang zusammenzuarbeiten und das Thema „Vivre ensemble“ - Zusammenleben - auf künstlerische Weise auszudrücken.

Die Werke von Vinci Vince, der in der Nähe von Paris lebt, sind auf der ganzen Welt zu sehen und thematisieren häufig Aspekte wie Solidarität, Vielfalt und den Kampf gegen Diskriminierung. Der Künstler, der in der Pariser Vorstadt aufwuchs, engagiert sich seit vielen Jahren in Projekten mit Jugendlichen aus den Banlieues. Seine Verbindung zu Mannheim entstand im August 2023, als er im Rahmen einer Ausstellung des französischen Fotografen Jean-Michel Landon mit Mannheimer Jugendlichen ein Graffiti im Zephyr Raum der Reiss-Engelhorn-Museen schuf. Das Kunstwerk, das dort bis Ende Juni 2024 zu sehen war, thematisierte die „La vie des blocs“ und setzte einen kreativen Akzent auf das Leben in urbanen Strukturen.

Die Idee, Vinci Vince für einen Workshop an die Johannes Kepler Gemeinschaftsschule zu holen, entsprang dieser Zusammenarbeit. „Ich fand seine Arbeit unglaublich“, erklärte Shirin Domas vom Institut français, die dabei als Dolmetscherin tätig war. Das Institut français Mannheim sah darin eine Möglichkeit, die Schüler in den kreativen Prozess einzubeziehen und gemeinsam mit ihnen über das Zusammenleben in ihrer Schule und ihrem Stadtviertel nachzudenken. Unter der künstlerischen Leitung von Vinci Vince arbeiteten die Schüler am Vormittag an einem gemeinsamen Werk, das ihre persönlichen Erfahrungen und Vorstellungen widerspiegelte.

Graffiti-Kunst und ein Aufwind für französische Sprache

Neben dem künstlerischen Aspekt bereitete die Französischlehrerin Cosima Heß-Becker, die im engen Kontakt mit dem Institut français steht und den Weg für den gemeinsamen Workshop bereitet hat, die Schüler auf den Termin vor. „Wir haben den Künstler besprochen und unser Viertel unter die Lupe genommen, etwa welche Street Art hier schon vorhanden ist“, berichtete Heß-Becker. Auch das Lernen von Vokabeln wie „ein Graffiti sprayen“ oder „Spraydose“ („bombe“) gehörte zur Vorbereitung. So konnten ihre Schüler mit nur wenigen Übersetzungen dem Vortrag des Künstlers folgen und mit ihm sprechen.

Vince erklärte und zeigte den Jugendlichen zunächst Fotos von zahlreichen seiner Werke, auf denen er kollektives Leid, Kämpfe und Hoffnungen anhand von berühmten oder noch zu entdeckenden Gesichtern dargestellt hatte - und ließ die Schüler raten, in welchem Land sich das jeweilige Graffiti befindet.

Danach durften sie selbst aktiv werden. Im Rahmen des Workshops wurde an einer großen Wand im Schulgebäude ein Baugerüst aufgestellt. Die Schüler hatten die Möglichkeit, dort ihre Ideen und Gedanken mit Graffiti-Markern festzuhalten und ihre individuellen Perspektiven zur Thematik des Zusammenlebens in einem gemeinschaftlichen Kunstwerk zusammenfließen zu lassen. Bis zur Mittagszeit hatten die 18 Schülerinnen und Schüler die Wand über und über mit ihren Gedanken und Sprüchen gefüllt, die den Hintergrund für das Graffiti bilden sollten. Am Nachmittag setzte Vinci Vince die Ideen der Schüler dann um und sprühte das finale Mural auf die Wand.

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Peter Jaschke
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Die Werke von Vinci Vince beinhalten oft eine partizipative Facette. „Viele Künstler finden es anstrengend, zusammen mit anderen zu arbeiten - bei mir ist es andersherum: Ich kann nicht mehr allein arbeiten. Ich brauche die Interaktion mit anderen Leuten“, erklärt er. Inzwischen arbeite er nur noch sehr selten allein. Diese Art der Kunst nennt er - angelehnt an Kunstrichtungen - „Partizipatismus“. Es sei ein demokratischer Ansatz, Kunstwerke in der Öffentlichkeit zusammen mit den Menschen, die vor Ort leben, zu kreieren. So wichtig ihm die Teilhabe anderer Menschen bei seinen Graffitis ist, so kamerascheu ist er; fotografieren lässt er sich nur von hinten oder mit einer Hand vor dem Gesicht - am liebsten aber gar nicht. Damit ist er in guter Gesellschaft mit dem weltberühmten britischen Streetart-Künstler Banksy.

Zusammenleben ist wichtiges Thema an der Keplerschule

Der Graffiti-Workshop in der Mannheimer Schule war nicht nur ein kreatives Highlight für die Schüler, sondern auch ein wertvoller Beitrag zur Förderung von Toleranz und Verständnis in einer Schule, die einen Migrationsanteil von 98 Prozent hat. „Bei uns ist Zusammenleben mit verschiedenen Kulturen ein Riesenthema“, verdeutlichte Heß-Becker. Durch die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Thema erhielten die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, ihre eigenen Rollen in der Gemeinschaft zu reflektieren und aktiv zur Gestaltung eines harmonischen Miteinanders beizutragen. Das entstandene Mural wird als sichtbares Symbol für ein besseres Zusammenleben in ihrer Gemeinschaft stehen.

Freie Autorin

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