Stadtgeschichte

So feiert Mannheim das Carl-Theodor-Jahr

Der Kurfürst, der Mannheim so prägte, würde 300 Jahre alt und ist seit 225 Jahren tot. Aber es sind nur zwei kleine Ausstellungen geplant, mehr läuft bisher nicht zur Erinnerung

Von 
Peter W. Ragge
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Der Platz vor dem Ostflügel des Schlosses, wo der Haupteingang der Universität ist, heißt Carl-Theodor Platz – was aber kaum jemand weiß. Als Postanschrift wird es nicht verwendet. © Markus Proßwitz

Mannheim. Sie sind der Vorbote: Ein Flaschenkühler für halbe Flaschen und eine kleine Deckelterrine, eine sogenannte Beurrière, aus kostbarem Frankenthaler Porzellan zeigt ab Dienstag das Mannheimer Schlossmuseum. Die edlen Stücke haben die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg eigens für dieses Jahr erworben. Schließlich stehen 2024 gleich zwei runde Jubiläen im Zusammenhang mit dem einflussreichen Kurfürsten Carl Theodor von der Pfalz an: Zum 300. Mal jährt sich sein Geburtstag und zum 225. Mal sein Todestag. Dazu sind zahlreiche Veranstaltungen geplant.

Der offizielle Auftakt zum Carl-Theodor-Jahr ist dann am Sonntag, 18. Februar, um 10 Uhr mit einem Gedenkgottesdienst in der Schlosskirche – zwei Tage nach seinem Todestag. Gestorben ist er am 16. Februar 1799 in München, wo er ab 1778 residierte. Aber von 1742 bis 1777 regierte der Kurfürst von Mannheim aus.

Carl Theodor auf einem Gemälde von Heinrich Carl Brandt von 1769. © dpa

Das Schloss war zu jener Zeit ein glanzvoller Mittelpunkt des kulturellen Lebens Europas. „Von Carl Theodor kann man lernen, wie nachhaltige Förderung und eine Talentschmiede perfekt funktionieren können“, verweist Uta Coburger, zuständige Konservatorin der Staatlichen Schlösser und Gärten, auf Carl Theodors persönliche Musikleidenschaft und daraus folgend seine große Unterstützung der Kurpfälzer Hofmusik, die „damals außergewöhnlich“ gewesen sei: „Nach gut 15 Jahren Förderung war die Kurpfälzer Hofkapelle die beste Europas. Auch, weil man sich darum riss, dort arbeiten zu können,“ so Coburger, die dazu schon 2021 einen speziellen Raum im Schloss einrichtete.

Schwerpunkt Schwetzingen

Doch sonst passiert nicht viel zum Carl-Theodor-Jahr im Mannheimer Schloss. Die Schlösser und Gärten planen ab April die Präsentation von Porzellan aus Frankenthal und Gemälden aus der Sammlung Heinstein in Schloss und Schlossgarten Schwetzingen. Dort soll es im Oktober eine große dreitägige Tagung „Carl Theodor 3.0 – Facetten eines Fürsten“ und Anfang Dezember eine viertägige Illumination an der Hoffassade vom Schloss geben, das schon im Herbst auch mit zusätzlichen Exponaten ausgestattet wurde. Die Stadt Schwetzingen plant ein ganzes Themenjahr, darunter ein multimedialer Stammbaum Carl Theodors und eine Kabinettsausstellung zur Geschichte der Sommerresidenz.

„Mannheim hat das Nachsehen“, fürchtet Helen Heberer, SPD-Stadträtin und Vorsitzende vom Verein Stadtbild. Sie hat zwar schon vor Monaten im Kulturausschuss angefragt, was die Stadt plant, „aber leider gibt es keine städtische Festveranstaltung zu dem Jubiläum“, kritisiert sie. Ein Gesamtkonzept fehle. Geplant ist zwar ein digitaler Veranstaltungskalender, den Hiram Kümper einrichten soll, Lehrstuhlinhaber für Geschichte des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit an der Universität Mannheim. Aber bislang gibt es sehr wenige Rückmeldungen, dass sich Mannheimer Vereine, Kultureinrichtungen oder Orchester dem Kurfürsten widmen. Auch manche Anfrage dieser Redaktion bleibt unbeantwortet.

Doch wer sich beteiligt, sind die Reiss-Engelhorn-Museen und das Marchivum, die – wie Heberer selbst – auch dem Schwetzinger Vorbereitungskreis angehören. Pünktlich zum 300. Geburtstag am 10. Dezember wollen die Reiss-Engelhorn-Museen, wo es 1999 eine große Sonderschau zum Kurfürsten gab, zusammen mit Hiram Kümper ab dem 6. Dezember eine, so Generaldirektor Wilfried Rosendahl, „kleine, aber feine Sonderausstellung“ im Erdgeschoss vom Zeughaus präsentieren. Über Themen wie „Start-up-Förderung“, „Patentrecht“, „Religionsfreiheit“, „Industriespionage“ oder „Klimaforschung“ wolle man „schlaglichtartig auf Beispiele zum Wirken des Kurfürsten eingehen“ und zeigen, „wie modern er in seiner Zeit schon war“. Zudem seien, zusammen mit Uni und Mannheimer Altertumsverein, „weitere ausgewählte Veranstaltungen“ in Planung.

„Aus heutiger Sicht modern“

Für Rosendahl „ist es immer wieder erstaunlich, wie facettenreich und auch aus heutiger Sicht modern das Wirken von Carl Theodor war“, weshalb es aus seiner Sicht auch „stark Bezüge in unsere Zeit gibt“. Ebenso erstaunlich sei das vielseitige Interesse des Kurfürsten, so Rosendahl: „Er war ein wichtiger Förderer von Kultur und Wissenschaft, auch weil er damals schon erkannt hat, welche große Bedeutung diese für eine Gesellschaft haben“. Zusätzlich zu den Reiss-Engelhorn-Museen bereitet das Marchivum eine Ausstellung vor, die voraussichtlich am 16. Oktober im kleinen Sonderausstellungsraum neben der Stadtgeschichtlichen Ausstellung eröffnet wird. Dazu werde es Vorträge im Veranstaltungsprogramm und einen Podcast zu ihm geben, kündigt Marchivum-Direktor Harald Stockert an.

Er findet schon, dass es wichtig ist, sich mit dem einstigen Regenten zu beschäftigen, wenngleich das auch „ein wenig ambivalent“, sei, so Stockert. „Die Mannheimer fühlen sich primär als Kurpfälzer, dabei gibt es die Kurpfalz seit mehr als 200 Jahren nicht mehr“, gibt der Marchivum-Direktor zu bedenken. Als historische Identifikationsfigur sei vor allem Kurfürst Carl Theodor geblieben. „Er war hinreichend lange an der Regierung, fast 57 Jahre, um tatsächlich auch als Person Wirkung entfalten zu können“, betont er, schließlich werde die Ära seiner Herrschaft als „goldenes Zeitalter“ beschrieben, in dem Mannheim als Stadt der Kultur und Wissenschaft im internationalen Städteranking hoch rangierte. „Und auch persönlich scheint Carl Theodor mit seinem Wissensdrang und Liebesleben modern und volkstümlich zugleich zu sein“, findet Stockert: „Letzten Endes ist Carl Theodor so etwas wie eine Brücke in die historische Kurpfalz“, so der Marchivum-Chef.

Redaktion Chefreporter

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