Die Wellen schlagen hoch in den sozialen Netzwerken. „Diese Umerziehungskacke geht mir gegen den Strich“, schreibt ein Nutzer erbost. Ein anderer nennt es Heuchelei, weil sich das Geschäft mit Feuerwerkskörpern angeblich nicht lohne. Die Fraktion der Tierfreunde und Hundehalter feiert die Entscheidung der Brüder Stiegler dagegen über die Maßen. Die beiden Kaufleute, die in der Vorderpfalz zwischen Speyer und Dirmstein acht Edeka-Märkte betreiben, haben sich auch in diesem Jahr dafür entschieden, keine Feuerwerkskörper in ihren Märkten zu verkaufen.
„Eigentlich haben wir das in diesem Jahr gar nicht beworben und nur Aufsteller vor unseren Märkten hingestellt“, sagt Benjamin Stiegler im Gespräch mit dieser Redaktion. Aber das Internet habe kräftig dabei geholfen, die Nachricht zu verbreiten. Dass sich das Geschäft mit Feuerwerkskörpern nicht lohne, kann Stiegler ganz und gar nicht bestätigen. Er verzichtet nach eigener Schätzung durch diese Entscheidung auf einen Umsatz im sechsstelligen Bereich.
Knallerei passt nicht ins Konzept
Er habe mit seinem Bruder Sven ganz bewusst auf den Verkauf von Feuerwerkskörpern verzichtet – und zwar aus Gründen der Nachhaltigkeit und des Tierwohls. Hundefreunde berichten regelmäßig davon, dass ihre Vierbeiner ab dem Zeitpunkt des Verkaufs von Silvesterkrachern mit eingezogenem Schwanz durch die Wohnung laufen, sich nicht mehr zum Gassigehen vor die Haustür trauen und Katzen ganze Tage verängstigt unter dem Sofa verbringen. Auch die Stieglers haben beide einen Hund und wissen aus eigener Erfahrung, was die Knallerei bei den Tieren anrichtet.
Außerdem passt die Böllerei nicht in das Nachhaltigkeitskonzept, das sich die beiden Kaufleute auferlegt haben. Sie haben rund 350 Lieferanten von Produkten aus der Region. Außerdem gibt es mittlerweile in jedem Markt einen Nachhaltigkeitsbeauftragten, der darauf achtet, dass so wenig Müll wie möglich anfällt. Das lasse sich im Handel zwar leider nicht ganz vermeiden. Aber wenn man genau draufschaue, lasse sich da noch einiges minimieren.
Feuerwerk hinterlasse dagegen jede Menge Schmutz – in der Luft, aber auch auf den Parkplätzen der Supermärkte, wo viele Menschen in der Silvesternacht ihre Raketen und Kracher abfeuern. „Wir hätten ja nix dagegen, wenn die Leute ihren Müller wieder mitnehmen würden. Das tun sie aber nicht“, sagt Stiegler. Bis jetzt habe es eine überschaubare Zahl von Beschwerden gegeben. Die meisten Kunden würden die Entscheidung begrüßen. Grundsätzlich hat Stiegler gar nichts gegen Feuerwerke. Allerdings fände er es besser, diese Feuerwerke zu entsprechenden Anlässen den Profis zu überlassen. Dann passiere auch weniger.
Vier Rewe-Märkte in Mannheim und Heidelberg ohne Feuerwerk
Kaufmann Sahin Karaaslan, der vier Rewe-Märkte in Heidelberg und Mannheim betreibt, hat wie schon im Vorjahr ebenfalls alle Feuerwerksartikel vor Silvester aus dem Sortiment genommen. Die großen Baumarkt-Ketten Hornbach, Toom, Bauhaus und Obi verzichten auch allesamt auf den Böllerverkauf. Bauhaus macht das nach Angaben eines Sprechers aus Gründen der Nachhaltigkeit sogar schon seit dem Jahr 2019. Die Entscheidung treffe mehrheitlich auf das Verständnis der Kundschaft.
Die Pyrotechnik-Branche hofft trotzdem auf ein gutes Geschäft mit Feuerwerkskörpern. Im vergangenen Jahr erlöste sie einen Rekordumsatz von 180 Millionen Euro – nach zwei Jahren Corona-bedingtem Böllerverbot. In diesem Jahr setzen die Hersteller auf Müllvermeidung, haben sich zur Reduzierung der Plastikanteile an den Krachern verpflichtet und wollen somit 3500 Tonnen Müll einsparen. „Wir verstehen uns als Experten für nachhaltiges Feuerwerk und beweisen, dass Umweltbewusstsein und Unterhaltung sich nicht ausschließen müssen“, sagt Michael Kandler, Vorstand des Verbands der Pyroindustrie.
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